Obduktion der Leiche Weber's

[705] Die Gewißheit gab den edeln Freunden des nun Todten Besinnung und Thatkraft wieder. Es wurde nach Moscheles gesandt, dessen Gegenwart bei den jetzt nöthigen Schritten wünschenswerth war und der auch eilends erschien. Nicht umhin konnten die drei nächsten Freunde des so ruhig und lieblich schlummernd Daliegenden, ihm ein reiches Opfer an Thränen darzubringen. – Dann wurden seine Papiere und Effekten vorläufig versiegelt. Es gemahnte die Freunde wunderbar, daß der Geschiedene, wie in Ahnung seines Endes, alle seine Verhältnisse, bis auf das Verzeichniß der seiner Waschfrau behändigten Wäsche, bis auf das Einsiegeln der Smart's Dienerschaft bestimmten Trinkgelder in adressirte Packete, sorgsam geordnet hatte. Die Obduktion der Leiche wurde sofort veranstaltet, und fand am Nachmittage desselben Tages, in Gegenwart der Doktoren T. Tonken, Charles F. Forbes, Weber's Arzt Dr. P. M. Kind, durch den Chirurg Dr. Robinson statt. Sie ergab zwei, fast gleichförmig entwickelte, unheilbare Leiden, jedes genügend, den Tod herbeizuführen, die es als ein Wunder erscheinen ließen, daß der Geschiedene so lange geathmet. Nämlich ein Geschwür an der linken Seite des Kehlkopfs, von der Größe einer welschen Nuß, und in der, durch und durch mit Tuberkeln erfüllten Lunge, zwei Eiterhöhlen von der Größe mäßiger Hühnereier.

Der bis zum Geripp abgemagerte, kleine Leichnam mit dem großen, edel geformten Haupte, dessen durchgeistigte Züge der Tod unberührt gelassen hatte, wurde balsamirt und Abends um 7 Uhr in den bleiernen Sarg englischer Form, die den flach ausgestreckten Körper eng umschließt, gelegt, in dem er noch ruht. Der Sarg wurde in Gegenwart der Aerzte verschlossen und verlöthet.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 705.
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