[72] Baer, Karl Ernst v., geb. 17. (28.) Februar 1792 auf dem Landgute Piep im Gouv. Esthland (russische Ostseeprovinz), studierte seit 1810 an der damals eben erst gegründeten Universität Dorpat, promovierte hier 1814, setzte dann seine Studien an deutschen Universitäten, speziell in Würzburg (unter Doellinger) und in Berlin fort und trat 1817 als Prosektor der Anatomie bei Burdach in Königsberg ein. Hier wurde er 1819 ausserordentl., 1822 ordentlicher Professor der Zoologie und folgte 1834 einem Ruf als Mitglied der Akad. nach Petersburg, wo er über 30 Jahre lang zuerst als Vertreter der Zoologie, später der Anatomie und Physiologie, eine Zeit lang auch als Vorsteher der Bibliothek[72] wirkte. Nebenbei lehrte er (von 1841 bis 52) vergl. Anatomie an der med.-chirur. Akademie. Mehrere Entdeckungsreisen führten ihn nach Archangel und Nowaja Semlja (1837), nach Triest (1845), nach dem Peipus, der Ostsee, dem kaspischen Meere (1851 bis 56). B. begründete die kais. russ. geograph. und entomol. Gesellschaft, feierte 1864 sein 50jähriges Doktor-Jubiläum und zog sich 1867 in den Ruhestand nach Dorpat zurück, wo er 16. (28.) November 1876 starb. Die wissenschaftliche Bedeutung von B. liegt, wie bekannt, auf dem Gebiet der Embryologie. Er ist der Entdecker des eigentlichen Säugetiereis, des sogen. B.-schen Bläschens (publiziert in »De ovi mammalium et hominis genesi« Leipzig 1827), ausserdem rühren von ihm zahlreiche Einzeluntersuchungen auf dem Gebiet der Entwickelungsgeschichte her, die er in seiner berühmten 2bändigen »Entwickelungsgeschichte der Tiere« (Königsberg 1820 bis 37) zusammengefasst hat. Auch die Anthropologie bildete für B. einen Gegenstand experimenteller und didakt.-litterarischer Thätigkeit. Er hielt während seiner Königsberger Wirksamkeit Vorträge darüber, veröffentlichte »Vorlesungen über Anthropologie für den Selbstunterricht« (Ib. 1824) und regte die Gründung der deutschen anthropologischen Gesellschaft an, indem auf seine Veranlassung sich zum ersten Male zu gemeinschaftlicher Beratung mehrere Anthropologen in Göttingen versammelten. Eine ausführliche Darstellung von B.'s Leben und Leistungen verdanken wir L. Stieda (Braunschweig 1878).