Binz, Karl

Binz, Karl
Binz, Karl

[179] Binz, Karl, geb. zu Bernkastel 1. Juli 1832, studierte in Würzburg und Bonn, erlangte am 7. August 1855 in Bonn die Doktorwürde und am 19. März 1856 die Bestallung als Arzt. Nachdem er zwei Jahre Assistent der med. Klinik in Bonn gewesen und sein militärisches Dienstjahr abgelegt hatte, praktizierte er bis 1861 und ging dann auf ein Jahr nach Berlin, um sich von neuem den med. Studien zu widmen. Hauptsächlich arbeitete er hier bei Virchow im Pathologischen Institut und hörte die Klinik von Frerichs. Ende 1862 habilitierte er sich in Bonn für innere Medizin und Arzneimittellehre und wurde im April 1868 zum Extraordinarius mit dem Lehrauftrage für Pharmakologie befördert. Er gründete das Pharmakologische[179] Institut der Universität und wurde im April 1873 zum Ordinarius der Pharmakologie ernannt. Damals und später wieder hatte er Gelegenheit, den Vorschlägen zweier deutscher Fakultäten zu folgen; er blieb jedoch in Bonn. Die Feldzüge 1866 und 1870/71 machte er als Stabsarzt der Rerserve mit. In Böhmen leitete er einen Teil des Feldlazarettes in Nechanitz bei Königgrätz, und in Frankreich führte er bei den Kämpfen um Metz ein halbes Feldlazarett, zugeteilt der Avantgarde der 16. Division, übernahm insbesondere vom Schlachtfelde von Vionville am Abend des 16. August in Gorze gegen 180 meist Schwerverwundete. Später war er Vorsteher des in einer Dependence des Schlosses von Compiègne errichteten grossen Lazarettes für innere Erkrankungen, hauptsächlich Abdominaltyphus und Ruhr. B. war 1885/86 Rektor der Universität Bonn. Seit 1879 ist er Mitglied der ständigen Kommission zur Bearbeitung des Arzneibuches für das Deutsche Reich. Er veröffentlichte: »Beobachtungen zur inneren Klinik« (Bonn 1864) – »Experimentelle Beobachtungen über das Wesen der Chininwirkung« (Berlin 1868) – »Das Chinin nach den neueren pharmakologischen Arbeiten« (Ib. 1875) – »Über den Traum« (Bonn 1878) – »Grundzüge der Arzneimittellehre« (Berlin, 1866, 12. Aufl. 1894) – »Vorlesungen über Pharmakologie« (Ib. 1884, 2. Aufl. 1891). Ausserdem gingen aus seinem Laboratorium hervor bis[180] Juli 1899 gegen 200 experimentelle Arbeiten hauptsächlich pharmakologischen Inhaltes, die in Virchow's und Pflüger's A., im Centralbl. f. d. m. W., im A. f. experim. Path. und Pharmakologie, in der B. k. W., in der D. m. W. und in anderen Fachzeitschriften erschienen. Ein grosser Teil dieser auf Anregung des Institutsdirektors entstandener Abhandlungen trägt die Namen seiner Assistenten und Schüler. Die hauptsächlichsten betreffen die Pharmakologie des Chinins, des Weingeistes, des Arseniks, der ätherischen Oele, der Halogene und ihrer Verbindungen und der schlafmachenden Stoffe im allgemeinen. Die wissenschaftlichen und zum Teil auch die praktischen Anschauungen insbesondere über Chinin, Weingeist und Arsenik wurden durch jene Arbeiten in neue Bahnen gelenkt. In späterer Zeit beschäftigte sich B. ausserdem mit geschichtlich-medizinischen Studien und veröffentlichte nebst einigen kleineren Abhandlungen über die Einschleppung der Syphilis in Europa, über den ersten Vorschlag zur Messung des Pulses, über die Entstehung der Genfer Konvention etc. folgende selbständige Schriften: »Doktor Johann Weyer, ein rheinischer Arzt, der erste Bekämpfer des Hexenwahns. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung und der Heilkunde« (Bonn 1885, 2. Aufl. Berlin 1896), »Augustin Lercheimer (Professor H. Witekind in Heidelberg) und seine Schrift wider den Hexenwahn. Lebens geschichtliches und Abdruck der letzten vom Verfasser besorgten Ausgabe von 1597« (Strassburg 1888), gelegentlich des 50. Jahrestages der Entdeckung der chirurgischen Narkose: »Der Äther gegen den Schmerz« (Stuttgart 1896), eine quellenmässig geschichtliche Darstellung dieser Entdeckung und der ihr folgenden Einführung des Chloroforms.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 179-181.
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