Cohnheim, Julius

Cohnheim, Julius
Cohnheim, Julius

[338] Cohnheim, Julius, berühmter Patholog, 20. Juli 1839 zu Demmin in Pommern geboren, studierte in Würzburg, Marburg, Greifswald und Berlin, wurde hier Dr. med. 1861 mit der Diss.: »De pyogenesi in tunicis serosis«, die später als eigener Aufsatz u. d. T.: »Ueber die Entzündung seröser Häute« (Virchow's Arch. XXII) erschien. Nachdem er sich hierauf kurze Zeit in Prag aufgehalten, machte er den Krieg von 1864 mit, wurde in demselben Jahre als Assistent am Berliner pathol. Institut angestellt, widmete sich zunächst physiol.-chemischen Arbeiten (unter Kuehne) und schrieb: »Zur Kenntniss der zuckerbildenden Fermente« (Ib. XXVIII). Bald aber bearbeitete er speziell pathol.-anat. Themata, auch ab und zu normal histologische. Er publizierte u.a. von letzeren: »Ueber die Endigung der Muskelnerven« (Ib. XXXIV und Ctrlbl. der med. Wissenschaften, 1863) – »Ueber den feineren Bau der quergestreiften Muskelfaser« (Virchow's Archiv, XXXIV), worin die »C.'schen Muskelfelder« beschrieben werden, und wobei er zum ersten Male die jetzt so vielfach geübte Gefriermethode zur Untersuchung frischer Objekte anwandte. In seinem Aufsatze: »Ueber die Endigung der sensiblen Nerven in der Hornhaut« (Ib. 1867, XXXVIII) findet sich auch die Entdekkung der Goldmethode. Von phatol.-anat. Arbeiten publizierte er in dieser Zeit: »Ein Fall von Abscessen in amyloid entarteten Organen« (Ib. XXXIII) – »Zwei Fälle[338] von Mycosis der Lungen« (Ib.) – »Tödtliche Trichinose mit parenchymatöser Degeneration von Leber, Herz und Niere« (Ib.) – »Zur pathologischen Anat. der Trichinenkrankheit« (Ib. XXXVI) u. v. a. 1867 erschien, ebenfalls in Virchow's Arch. (XLI), die berühmte Arbeit: »Ueber Entzündung und Eiterung«, worin er die Auswanderung der weissen Blutkörperchen als das Wesen der Eiterung bezeichnete, eine Thatsache, die eine förmliche Revolution in den pathol.-anat. Anschauungen hervorrief. Von nun ab wandte sich C. ausschliesslich der experiment. Richtung zu. Es folgten die Arbeiten: »Ueber venöse Stauung« (Ib. XLI, 1867) – »Experimentelle Untersuchungen über die Uebertragbarkeit der Tuberculose auf Thiere« (zus. mit Bernhard Fraenkel, Ib. XLV, 1868) – »Ueber das Verhalten der fixen Bindegewebskörperchen bei der Entzündung« (Ib.) etc. 1868 folgte er einem Rufe nach Kiel auf den Lehrstuhl der pathol. Anat. und allgem. Pathol., den er 1872 mit dem von Breslau vertauschte. Im Winter 1873/74 musste er aus Gesundheitsrücksichten seine Lehrthätigkeit unterbrechen; 1878 siedelte er als Prof. der pathol. Anat. nach Leipzig über. Hier vollendete er auch die 2. Aufl. seines Hauptwerkes: »Allgemeine Pathologie« (Berlin 1882) und war hier, abgesehen von den durch Kränklichkeit gebotenen Unterbrechungen, bis zu seinem Lebensende thätig. C. starb an den Folgen einer langjährigen, mit Herzhypertrophie verbundenen Gicht 15. August 1884. C. war ein sehr anregender Lehrer. Er sammelte eine grosse Schaar von Schülern aus allen Gegenden Deutschlands um sich und veröffentlichte eine Reihe von experimentellen Arbeiten gemeinschaftlich mit einigen von ihnen, so mit Litten, Lichtheim, Salomonsen, Welch, Maas, v. Schulthess-Rechberg, Charles-Roy, Weigert etc. Aus seinen Instituten zu Breslau und Leipzig gingen zahlreiche, z.T. sehr bedeutende Arbeiten anderer Autoren hervor. In seinen letzten 11/2 Lebensjahren kränkelte C. fortwährend. Zu den immer häufigeren und länger anhaltenden Gichtanfällen gesellten sich aphasische, urämische Zustände und asthmatische Beschwerden. – Am verdienstvollsten sind seine Arbeiten auf dem Gebiete der Pathol.[339] der Zirkulation (Lehre von der Entzündung, Stauung, Embolie), sowie die oben zitierten bahnbrechenden histol. Untersuchungen. Seine »Gesammelte Abhandlungen«, herausgegeben von E. Wagner, mit einem Lebensbilde C.'s von W. Kühne, erschienen Berlin 1885 nebst 8 lithogr. Tafeln und einem Porträt.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 338-340.
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