Haeckel, Ernst Heinrich

Haeckel, Ernst Heinrich
Haeckel, Ernst Heinrich

[673] Haeckel, Ernst Heinrich, 16. Februar 1834 zu Potsdam geb., studierte in Würzburg und Berlin, namentlich unter Joh. Müller, Virchow und Kölliker Medizin und Naturwissenschaften. Nachdem er in Berlin auf Grund der Diss.: »De telis quibusdam Astaci fluviatilis« (1847) promoviert hatte, liess er sich dort als prakt. Arzt nieder, widmete sich jedoch bald ganz den Naturwissenschaften. Er ging nach Italien, um dort während der Jahre 1859 und 60, namentlich in Neapel und Messina; zoologische Studien zu machen, als deren Resultat: »Die Radiolarien« (Berlin 1862) erschienen. Inzwischen hatte er sich 1861 in Jena für vergleichende Anatomie habilitiert; 1862 wurde er ausserord., 1865 ord. Prof. der Zoologie an derselben Universität. H.'s Untersuchungen beziehen sich meist auf Gattungen niederer Seetiere, welche er auf verschiedenen Reisen beobachtete. So sammelte er das Material zu den »Beiträgen zur Naturgeschichte der Hydromedusen« (Leipzig 1865) an der Nordsee und am Mittelmeer, zu der »Entwicklungsgeschichte der Siphonophoren« (Utrecht 1869) und zu den: »Studien über die Moneren« (Bd. I der »Biolog. Studien«, Leipzig 1870) auf einer grossen Reise 1866 nach England, Lissabon, Madeira, den Kanarischen Inseln, Marokko, Spanien und Frankreich, zu den »Arabischen Korallen« (Berlin 1876), auf einer Reise nach Ägypten[673] und dem roten Meere 1873, und einer Reise nach Indien, vorzugsweise Ceylon, beschrieben in den »Indischen Reisebriefen« (Berlin 1883). In London lernte er 1866 Darwin kennen, dessen überzeugtester und eifrigster Anhänger in Deutschland H. wurde. Als Hauptwerk auf dem Gebiete des Darwinismus und der Entwicklungstheorie erschien von H. 1866: »Generelle Morphologie der Organismen« (Berlin), welchem auf demselben Gebiete: »Natürliche Schöpfungsgeschichte« (Berlin 1868; 8. Aufl. 1889) – »Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen« (Leipzig 1874; 4. Aufl. 1891) und: »Die Kalkschwämme« (Berlin 1872) folgten. H.'s Lehre der Deszendenz-Theorie beruht auf dem Satze, »dass sich die durch Anpassung erworbenen Veränderungen vererben« und dass infolge dieser Eigenschaft die Entwicklungsgeschichte des einzelnen Embryos in abgekürzter Weise eine Entwicklungsgeschichte der Arten gäbe, und seine Schrift über die Kalkschwämme soll die »analytische Lösung des Problems von der Entstehung der Arten« liefern. Auf Grund dieser Anschauung hat H. Stammbäume der Tiere u. Pflanzen entworfen und sie bis zu den einfachsten und unvollkommensten Organismen zurückgeführt, welche er unter dem Namen »Protisten« oder »Zellinge« in einem besonderen neutralen organischen Naturreich vereinigt. Diese einheitliche Zusammenfassung der gesamten lebenden Welt hat, neben zahlreicher Zustimmung, auch zahlreiche Entgegnungen hervorgerufen, z.B. von His, Goette, Michelis, Virchow, Semper, mit sich H. zum Teil durch die Streitschriften: »Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschichte« (Jena 1875) und »Freie Wissenschaft und freie Lehre gegen Virchow« (Stuttgart 1878) auseinander zu setzen suchte. Wegen der übrigen, noch sehr zahlreichen litter. Veröffentlichungen H.'s verweisen wir auf das ältere Biogr. Lexikon. In allerjüngster[674] Zeit trat er noch mit einer Schrift: »Die Welträthsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie« (Bonn 1899) hervor, in der die ebenso reichen wie fruchtbaren Ergebnisse einer langen Lebensarbeit und der Inhalt seiner Weltanschauung in klarer und fesselnder Form niedergelegt sind.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 673-675.
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