[713] Helmholtz, Hermann Ludwig Ferdinand v., zu Berlin, der weltberühmte geniale Physiolog und Physiker, muss, obwohl er in den letzten Dezennien seines Lebens sich ausschliesslich der Physik widmete, auch hier erwähnt werden, da er vom Studium der Med. ausging, eine Zeit lang Arzt und lange Jahre Lehrer der Physiologie war. H., zu Potsdam 31. August 1821 geb., studierte in Berlin seit 1838 als Eleve des med.-chir. Friedrich Wilhelms-Instituts, wurde nach seiner Promotion 1842 mit der Diss.: »De fabrica systematis nervosi evertebratorum« Unterchirurg in der Charité, 1843 Militärarzt in Potsdam, kehrte 1848 als Lehrer der Anatomie an der Kunstakademie und Assistent am anat. Museum nach Berlin zurück, wurde aber bereits 1849 als Prof. d. Physiol. und allgem.[713] Pathol. nach Königsberg berufen und 1855 als Prof. d. Anat. und Physiol. nach Bonn versetzt, von wo er 1858 als Prof. der Physiol. nach Heidelberg ging, um 1871 in Berlin eine Professur der Physik zu übernehmen, welche er, zugleich mit der Direktion des physik. Instituts mit dem Charakter als Geh. Regierungsrat und 1883 geadelt, bis 1888 innehatte, wo er zum Präsidenten der physik.-technischen Reichsanstalt in Charlottenburg ernannt wurde. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem 8. Sept. 1894 an Apoplexie erfolgten Tode. 1891 bei Gelegenheit seiner 70jähr. Geburtstagsfeier hatte er den Titel »Exzellenz« erhalten. H. gehört zu der Reihe der aus Johannes Müller's Schule hervorgeg. berühmten Physiologen und begründete seinen Ruf mit der Schrift: »Über die Erhaltung der Kraft« (Berlin 1847), in welcher er zum ersten Male zu zeigen versuchte, dass alle Vorgänge in der Natur den Grundgesetzen der Mechanik gehorchen. In den folgenden Jahren war H.'s Thätigkeit hauptsächlich der Physiol. der Sinne zugewendet. Den unschätzbarsten Dienst aber leistete er der menschlichen Pathol. und Therapie durch die Erfindung des die ganze Augenheilkunde revolutionierenden Augenspiegels, den er in einer besonderen Schrift: »Beschreibung eines Augenspiegels zur Untersuchung der Netzhaut im lebenden Auge« (Berlin 1851) bekannt machte. Seine weiteren, die höchste Bedeutung in Anspruch nehmenden und[714] auf ihren Gebieten bahnbrechenden Werke sind: »Handbuch der physiologischen Optik« (Leipzig 1856 bis 66), in welchem seine sämtlichen Forschungen über den Gesichtssinn niedergelegt sind, und »Die Lehre von den Tonempfindungen« (Braunschweig 1862; 2. Aufl. 1865), welches seine akustischen Untersuchungen im Zusammenhange dargestellt enthält. Ausserdem hat er eine grosse Reihe anderer Arbeiten, z.B. Messungen über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Nervenreizung, Untersuchungen über Gegenstände aus der Optik, Akustik, Elektrizitätslehre vielfach in Zeitschriften, bes. in Müller's Arch. (1845, 48, 50, 52 u.s.w.), Poggendorff's Annalen (von 1852 an) und Crelle's Journ. f. Math., v. Graefe's Arch. (1855), aber auch als kleinere Schriften, wie: »Über die Wechselwirkung der Naturkräfte u.s.w.« (Königsberg 1854) – »Über das Sehen des Menschen« (Leipzig 1855) – »Populäre Vorträge« (2 Hefte, Braunschweig 1865, 71) veröffentlicht. Seine wissenschaftl. Abhandlungen sind in 2 Bdn. gesammelt (Leipzig 1881 bis 83), seine Vorträge und Reden ebenso in 2 Bdn. (Braunschweig 1884) erschienen. – Am 6. Juni 1899 wurde in dem Vorgarten der Berliner Univ. sein Marmorstandbild enthüllt. Die Zahl der seinem Andenken gewidmeten Schriften, Nekrologe, Gedächtnisreden ist gross. Ein Verzeichnis dieser Litteratur findet sich in dem von E. Gurlt für Virchow's Arch. CXXXIX 1895 verfassten med.-naturwissensch. Nekrolog p. 578, wozu noch zu erwähnen sind die posthum erschienenen Schriften von E. du Boys-Reymond (Leipzig 1897), die Rede von Th. W. Engelmann (Ib. 1894) und die von W. v. Bezold (Ib. 1895). Über die Beschaffenheit seines Gehirns berichtete D. Hansemann im Arch. f. Anat. u. Physiol. 1899 Heft 3 u. 4, physiol. Abt. p. 371.