Panum, Peter Ludwig

Panum, Peter Ludwig
Panum, Peter Ludwig

[1256] Panum, Peter Ludwig, der hervorragendste physiolog. Professor in Kopenhagen, 19. Dez. 1820 in Rönne (Insel Bornholm) als Sohn eines später in Eckernförde (Schleswig) angestellten Militärarztes, studierte in Kiel und Kopenhagen, wo er 1845 das Staatsexamen absolvierte. 1846 fungierte er von Staatswegen als Arzt auf den Faröern aus Anlass einer Masernepidemie, über welche er in einer bemerkenswerten Abhandlung in Bibl. f. Laeger (1846) und im Auszug in Virch. Arch. (I) berichtete. Dann wirkte er nach vorübergehendem Studium in Berlin 1847, wo er Virchow's Bekanntschaft machte, successive als Hospitalarzt in Kopenhagen, als Marinearzt im Schleswigschen Kriege und 1850 als Choleraarzt in Bandholm (Laaland); auch die zuletzt genannte Thätigkeit gab P. Anlass zu einer anerkannten Publikation in »Hospitals-Meddelelser« (III). Fortan aber entsagte P. der Praxis und widmete sich der Physiologie unter besonderer Berücksichtigung der physiol. Chemie. Mit einer Abhandlung aus diesem Gebiet »Fibrinen og dens coagulation« promovierte er 1851, unternahm dann bis 1853 eine grössere Studienreise, die ihn nach Würzburg, Leipzig, zuletzt[1256] nach. Paris führte, wo er eine Zeit lang Claude Bernard's Assistent im Laboratorium war. Heimgekehrt erhielt er die Stellung als Prof. e. o. der Physiol., med. Chemie und allgem. Pathologie in Kiel, wurde 1858 ord. Professor daselbst und ging 1863 als Nachfolger des verst. Eschricht nach Kopenhagen, wo er in gleicher Weise, wie vorher in Kiel, vor allem die Errichtung eines zweckmässigen physiol. Laboratoriums durchsetzte und eine ebenso rührige Lehr-, wie schriftstellerische und Forscherthätigkeit enfaltete. P. hat dadurch, wie Petersen in seiner Biogr. im älteren Lexikon bemerkt, die Ära der neueren naturwissenschaftl. Physiologie in Kopenhagen inauguriert. In der genannten Quelle wird die grosse Reihe der in jener Zeit von P. angefertigten resp. veröffentlichten Untersuchungen zitiert und gewürdigt. Neben den Arbeiten über und zur Bekämpfung der damals beliebten Lammbluttransfusion, ferner über komprimierte Luft, über physiologische Bedeutung der Missbildungen müssen als hervorragende Leistungen noch aus der Kieler Zeit die berühmten »Experimentellen Untersuchungen zur Physiologie und Pathologie der Embolie, Transfusion u. Blutmenge« (Virch. Arch. XXVII bis XXIX, 1857) und das während der Kopenhagener Thätigkeit entstandene grosse Handbuch: »Haandbog i Menneskets Physiologie« (Kopenhagen 1865 bis 72) erwähnt werden. »In diesem durch seine Vollständigkeit und Gründlichkeit ausgezeichneten Werke suchte P., seinem nüchtern-kritischen Geiste gemäss, in origineller Weise eine strenge Sonderung der sicheren physiologischen Data und der Theorien durchzuführen. Dies machte aber das Buch etwas schwer lesbar und in der 1883 begonnenen neuen Ausgabe, von welcher leider nur 4 Hefte erschienen (das letzte erst nach seinem Tode von seinem Assistenten Dr. Bohr publiziert), ist diese scharfe Sonderung wieder aufgegeben.[1257] Im 1. Heft hat eine gegen die Antivivisektionisten gerichtete ausführl. Apologie der experimentellen Benutzung der Tiere im Interesse der Wissenschaft Platz gefunden.« Auch historischen Studien wandte sich P. gelegentlich zu, namentlich in seinen letzten Lebensjahren, wo er mehrere kleinere Gelegenheitsschriften zur Geschichte der dän. Med. publizierte (1879 und 80). Als ausserordentlich verdienstvoll muss das Bestreben P.'s anerkannt werden, die Ergebnisse der physiol. Wissensch. auch praktisch z.B. für die weckmässigste Ernährung der grossen Bevölkerungsmassen, ökonomische, rationelle Beköstigung und ähnliche Zwecke verwertbar zu machen. In dieser Beziehung scheute P. nicht davor zurück, den Weg der populär belehrenden Schriftstellerei zu betreten. Ebenso suchte er der Pflanzenphysiologie die grundlegende Stellung bei verschiedenen industriellen und landwirtschaftl. Angelegenheiten zu sichern. Nicht geringere Verdienste erwarb sich P. noch um die Hebung und Organisation des med. Unterrichts, des ärztlichen Standes, sowie der höheren Bildung in Dänemark überhaupt. Er errichtete ein med. Lesekabinet in Kopenhagen, begründete mit Key in Stockholm das Nordiskt med. Arkiv. rief einen gemeinschaftlichen wissenschaftl. Verband mit period. Versammlungen aller skandinavischen Ärzte ins Leben, deren erste in Gothenburg tagte und beteiligte sich mit grösstem Eifer in Wort und Schrift an allen den ärztlichen Stand betreffenden Fragen. Den internat. Kongress von Kopenhagen leitete er als dessen erster Präsident. Eine Herzruptur führte P.'s Tod 2. Mai 1885 herbei.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1256-1258.
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