Ι, ι, ἰῶτα

[1231] Ι, ι, ἰῶτα, der neunte Buchstabe des griechischen Alphabets, als Zahlzeichen ι' = 10, = 10000. In der Aussprache ist Jota durchaus Vocal; denn die Fälle, wo es bei den Dichtern mit dem darauf folgenden Vokal in eine Sylbe zusammengezogen wird, berechtigen nicht, es als einen Consonanten wie unser Iod zu betrachten; πόλιας ist πόλῑς zu lesen, Od. 8, 560, u. danach der Vers ἔστι δέ τις προπάροιϑε πόλιος αἰπεῖα κολώνη, Il. 2, 811, vgl. 21, 567, zu erklären, obwohl es nicht recht klar ist, wie die Grammatiker die Synizesis lesen wollten, denn πόλευς liegt zu fern. Od. 14, 94 ist sicher nach anderen Stellen οὔποϑ' ἓν ἱρεύουσι für ἱερεύουσι zu schreiben od. wenigstens zu sprechen; in Eigennamen aber haben sich die Dichter mehr erlaubt, durch den Vers gezwungen, wie Il. 2, 537 πολυστάφυλόν ϑ' Ἱστίαιαν den Schluß des Hexameters bildet u. 9, 382 Αἰγυπτίας einen Molossus bildet, wie es sich auch D. Per. 505 u. bei anderen sp. Ep. findet, obwohl andere Grammatiker auch an eine Verkürzung der vorhergehenden Positionslänge gedacht haben, vielleicht nach Analogie von Ζάκυνϑος u. Σκάμανδρος u. ä. richtiger. – Formen aber, wie δήϊος, ἠϊών u. ä. Sind nur andere Schreibarten für δῇος, ᾐών, Od. 5, 368, wenn man nicht lieber η vor ι verkürzt sprechen will. Zweifelhaft sind die von Seidler de vers. dochm. p. 385 beigebrachten Beispiele über das Zusammenziehen des ι mit folgdn Vocalen bei den Tragg. Vgl. auch noch für die späteren Dichter Jacobs A. P. p. 585. – Lang ι wurde ursprünglich ει geschrieben u. findet sich so noch in Inscr.; übrigens sind ει u. οι die regelmäßigen Dehnungen von einem ι der Wurzel. – Dem ε wird es zur Dehnung im ion. u. ep. Dial. oft hinzugesetzt, ξεῖνος, εἰν, ὑπείρ u. ä.; auch dem α, διαί, παραί, u. ä. μεσαιπόλιος, ὁδοιπόρος. – Uebrigens hatte die Griechische Sprache einst allerdings auch den Consonanten j; er kommt aber in den erhaltenen Schriftwerken nicht mehr vor, und es lassen sich nur noch Spuren seines früheren Daseins nachweisen, s. Curtius Grundz. d. Gr. Et. 2. Aufl. S. 532 ff.

Quelle:
Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Braunschweig 31914, Band 1, S. 1231.
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