[283] Ο, ο, ὃ μικρόν, das kleine, d. i. kurze ο, im Ggstz des ὃ μέγα, des großen oder langen ω, der funfzehnte Buchstabe des griechischen Alphabets; als Zahlzeichen ο' = 70, und ,ο = 70000. – Die Griechen nannten es οὖ, Plat. Crat. 414 h u. öfter; vgl. Ep. ad. 537 (App. 359). Daher umgekehrt in den attischen Inschriften vor dem Archonten Eukleides Ol. 94, 2 der Diphthong ου nur in οὐ, οὐκ, οὗτος gefunden wird, sonst immer durch ο ausgedrückt ist, vgl. Böckh Staatshaush. II p. 201. 323. Es hatte auch der Laut des ο mit dem von ου gewisse Aehnlichkeit; so lautet βουλή, βούλομαι, οὐρανός äolisch βολή, βόλομαι, ὀρανός, u. κόρος, μόνος, νόσος, ὄνομα ionisch κοῦρος, μοῦνος, νοῦσος, οὔνομα, vgl. Koen Greg. Cor. p. 191 ff. u. Buttm. Lexil. II p. 28 301.
Sonst findet es sich bei den Aeolern statt α, in στροτός, ὀνία, ὄνω, ϑροσέως statt στρατός, ἀνία, ἄνω, ϑρασέως, s. Koen Greg. Car. p. 455. 600; und geht bei denselben in ε über: ἔδοντες, ἐδύναι für ὀδόντες, ὀδύναι, – und in υ, wie ὄντμα, στύμα, ὕρνις, ὔμοιος statt ὄνομα, στόμα, ὄρνις, ὅμοιος, Koen a. a. O. p. 584. – Bei den Doriern u. Ioniern geht es oft in οι über: ἀγνοιέω, ἀλοιάω, πτοιέω, πνοιά, ῥοιά statt ἀγνοέω, ἀλοάω, πτοέω, πνοή, ῥοά, vgl. Koen a. a. O. p. 294. – Im Anlaut erscheint ο oft, ohne daß es als ein bestimmtes Präfixum erkannt werden könnte, theils innerhalb des Griechischen selbst, theils in der Vergleichung mit den verwandten Sprachen; die Sprachvergleichung wird hier bald noch sicherere Ergebnisse gewinnen. Hier möge nur auf Bekanntes hingewiesen werden: βέλος – ὀβελός, κέλλω – ὀκέλλω, δύρομαι – ὀδύρομαι, νύσσω – ὄνυξ, nomen – ὄνομα, recken – ὀρέγω.