Σ, σ, ς

[855] Σ, σ, ς, σίγμα od. richtiger σῖγμα, τό, indecl., Plat. Theaet. 203 a Crat. 427 a (s. auch unten); dor. σάν, Her. 1, 139; Ath. XI, 467 a; – achtzehnter Buchstabe des griechischen Alphabets. Als Zahlzeichen σ' = 200, aber = 200000. – Σαμπῖ oder σάμπι, Σ, σ, ς, als Zahlzeichen, 900.

Σ steht oft für δ, welches bei den Aeolern, Doriern u. Ioniern geblieben ist, ὀδμή, ἴδμεν, statt όσμή, ἴσμεν, s. Koen zu Greg. Cor. p. 589. – Σ geht über in τ bei Aeolern u. Doriern, τύ, τέ, φατί, statt σύ, σέ, φησί, in einigen Fällen auch bei den Attikern, ναυτία, ναυτιάω, τεῠτλον, τήμερον attisch für ναυσία, ναυσιάω, σεῠτλον, σήμερον, s. Lob. Phryn. 194; sehr gewöhnlich geht σσ in ττ über, bes. in den Zeitwörtern, πράσσω, πράττω u. ä., aber auch bei subst., ϑάλασσα, ϑάλαττα, u. in adj., δισσός, διττός. In diesen Formen gilt σσ als ion. u. altattisch, dagegen ττ als dor., böotisch u. neuattisch. Schon Perikles soll angefangen haben das zischende σ zu vermeiden, und zur Zeit des Komikers Platon war dies schon vom τ verdrängt, vgl. Luc. iud. vocal., Schol. Eur. Med. 476. – Σ tritt ein für ϑ bei den Doriern, σιός, Ἀσάνα, ἀγασός, παρπαρϑένος, ϑέλω, bes. bei den Lakoniern, Kretern u. Eleern geläufig, Koen zu Greg. Cor. p. 300. – Von den Aeolern und in der Dichtersprache wird σ in der Mitte der Wörter oft verdoppelt, ὅσσος, τόσσος, μέσσος u. ä. für ὅσος, τόσος, μέσος, was bes. bei den kurzen fut.- u. aor. – Formen auf άσω, έσω, ίσω immer eintritt, wenn der Vers eine lange Sylbe erfordert, s. Koen zu Greg. Cor. 588. – Achnlich verdoppeln die Neuern auch nach einer langen Sylbe das σ, wie Παρνᾱσός, Ἁλικαρνᾶσός, Κρῖσα, Κηφῑσός u. ä. geschrieben werden Παρνασσός, Ἁλικαρνασσός, Κρῖσσα, Κηφισσός, vgl. Schäf. melet. 1, Böckh Simon. Socr. p. XXXV u. v. l. Pind. Ol. 9, 47. 13, 102 P. 1, 39. – Auch in Zusammensetzungen wird, wenn das zweite Wort mit σ anfängt, σ bei Dichtern verdoppelt, wie in βοοσσόος, λαοσσόος, vgl. Lob. zu Phryn. 647. – Σ geht in ξ über – a) bei den Doriern in der Conjugation im fut. u. aor., Koen Greg. Cor. 327, die auch διξός, τριξός, statt δισσός, τρισσός sagen. – b) bei den älteren Attikern in der Präposition σύν, die ursprünglich ξύν lautete (s. unten). – Σ mit vertauscht, theils attisch ρσ für ῤῥ in ἄῤῥην, ϑάῤῥος u. ä., theils bei den Doriern in den Endungen αρ, ηρ, ορ, ωρ, für ας, ης, ος, ως (s. ). – Im Anfange der Wörter tritt σ oft statt des Spiritus bei den Aeolern u. dah. im Lat. ein, vgl. ἷς, σῠς u. sus, ἅλς u. sal, ἕξ u. sex, ἑπτά u. septem, ἕρπ ω u. serpo, εἴρω u. σειρά, ἕλη, εἵλη u. σελήνη, σέλας. – Als euphonischer Zusatz im Anfange des Wortes erscheint es bes. vor μ u. τ, μάραγδος u. σμάραγδος, μάραγνα u. σμάραγνα, μικρός u. σμικρός, τεγος u. στέγω, τέρφος u. στέρφος; seltner vor κ u. φ, s. Koen Greg. Cor. p. 254. 553. Auch in der Mitte der Wörter findet es sich zuweilen eingeschaltet, ὄπισϑεν u. ὄπιϑεν, Lob. Phryn. 8; – umgekehrt fällt es in der Mitte der Wörter zwischen zwei Vocalen fort, sowohl gew. in den Conjugationsendungen εσαι, εσο, – εαι, εο, als auch bei den Lacedämoniern, Μῶα statt Μοῠσα, πᾶα statt πᾶσα, wobei dann der zweite Vocal aspirirt gesprochen wurde, vgl. Koen Greg. Cor. p. 252. 301. – Am Schluß einiger Wörter fällt σ vor Consonanten fort, wie οὕτως, ἄχρις, μέχρις.



σ' apostrophirt statt σέ, seltener statt σοί, auch statt σά, Od. 1, 356 Il. 6, 490, aber nur wenn der Artikel vorangeht, τὰ σ', Markl. Eur. Suppl. 456.

Quelle:
Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Braunschweig 31914, Band 2, S. 855-856.
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