[76] Oft täuscht man sich über die Schlüsse, weil der Schlusssatz sich als ein nothwendiger darstellt, wie ich vorher bemerkt habe; mitunter aber auch wegen der gleichen der Schlussform entsprechenden Stellung der Begriffe, was man auch nicht übersehen darf. Wenn z.B. das A von dem B ausgesagt wird oder das B von dem C, so möchte man glauben, dass bei solchem Verhältniss der Begriffe ein Schluss vorhanden sei, und doch ergiebt sich daraus weder etwas Nothwendiges, noch ein Schluss. So soll z.B. A das Immer-sein bezeichnen, B den gedachten Aristomenes, C den Aristomenes. Hier ist richtig, dass das A in dem B enthalten ist, denn der gedachte Aristomenes ist immer; aber auch das B ist in dem C enthalten, denn Aristomenes ist ein gedachter Aristomenes; dennoch ist das A nicht in C enthalten, denn Aristomenes ist vergänglich. Allein es war bei so lautenden Vordersätzen kein Schluss statthaft, vielmehr hätte der Satz[76] A B allgemein lauten müssen; denn hierin liegt der Irrthum, dass man nämlich behauptete, jeder gedachte Aristomenes sei immer, da doch dieser Aristomenes vergänglich ist. Ferner soll C der Mikkalos sein und B der musikalische Mikkalos und A das: Morgen vergehen. Nun ist es richtig, dass hier B von C ausgesagt werden kann, denn Mikkalos ist ein musikalischer Mikkalos, und eben so könnte A von B ausgesagt werden, denn der musikalische Mikkalos könnte ja morgen vergehen. Allein es ist falsch, A von C auszusagen. Der Fehler ist hier derselbe, wie bei dem vorigen Fall; denn man kann nicht allgemein behaupten, dass jeder musikalische Mikkalos morgen vergehen werde, und wenn das nicht als Vordersatz gesetzt werden kann, so ergiebt sich auch kein Schluss.
Diese Täuschung erfolgt allerdings in etwas Geringen, und ich räume ein, dass es beinahe dasselbe ist, zu sagen: Dies ist in Jenem enthalten oder dies ist in allen Jenem enthalten.
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