Siebenundzwanzigstes Kapitel

[56] Wenn man bei den Widerlegungen, welche sich darauf stützen, dass der im Anfang aufgestellte Satz bei der Bildung des Schlusses als ein zugegebener behandelt wird, gefragt wird, so darf man, wenn man dies gleich anfänglich bemerkt, den Satz nicht zugeben, selbst wenn er glaubwürdig ist; man muss vielmehr die Wahrheit sagen und den Fehler des Schlusses angeben. Hat man aber diesen Fehler nicht gleich bemerkt, so muss man, vermittelst der Fehlerhaftigkeit solcher Beweise, die Unkenntniss von sich auf den Fragenden schieben und ihm vorhalten, dass er nicht richtig disputirt habe, weil die Widerlegung sich nicht auf die Benutzung des aufgestellten[56] Streitsatzes, als eines bereits zugestandenen, stützen dürfe; oder man kann auch sagen, dass man den Satz nicht zugegeben habe, damit davon bei dem Beweise Gebrauch gemacht werden könne, sondern nur als einen Satz, gegen den vom Gegner diese Widerlegung gerichtet werden würde, also nicht in dem Sinne, wie es bei sophistischen Widerlegungen geschieht.

Quelle:
Aristoteles: Sophistische Widerlegungen. Heidelberg 1883, S. 56-57.
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