[582] 24. purusha-vidyâyâm iva ca, itareshâm anâmnânât
sowie auch in der Lehre vom Menschen, weil die andern nicht erwähnen.

Bei den Tâṇḍin's und in dem Rahasya-Brâhmaṇam der Pai gin's findet sich eine Lehre vom Menschen, in welcher der Mensch[582] als ein Opfer vorgestellt wird, wobei das ihm natürliche Lebensalter in drei Teile geteilt und als drei Somakelterungen aufgefasst wird, wie auch weiter dabei der Hunger u.s.w. als die [Opfer-]Weihe u.s.w. vorgestellt werden und noch andere | Eigenschaften zur Sprache kommen, bei denen unter anderm eine Verwendung gewisser Segenssprüche und Verse stattfindet (Chând. 3, 16-17.) – Nun reden auch die Taittirîyaka's von einem gewissen Menschenopfer, nämlich in dem Absatze, in welchem es heisst: »das Selbst des Opfers des Solches Wissenden ist der Opferspender, sein Glaube ist die Gattin [sein Leib ist das Brennholz, seine Brust das Opferbett, seine Haare die Opferstreu, der Veda sein Haarbusch, sein Herz der Opferpfosten, seine Liebe das Opferschmalz, sein Eifer das Opfertier, seine Busse das Feuer, seine Bezähmung, damit er sich besänftigt, die Opfergabe, seine Rede der Hotar, sein Odem der Udgâtar, sein Auge der Adhvaryu, sein Manas der Brahmán]« (Taitt. âr. 10, 64.) – Hier erhebt sich die Frage, ob die an der ersten Stelle genannten Beschaffenheiten des Menschen als des Opfers an der Taittirîyastelle mit heranzuziehen sind oder nicht? – ›Da beide Male von dem Menschen als Opfer die Rede ist, so könnte man an eine Zusammenfassung denken.‹ Hierauf aber erwidern wir, dass die Stellen nicht zusammenzufassen sind; warum? weil das Eigentümliche der einen Stelle sich in der andern nicht wieder erkennen lässt. Dies drückt der Lehrer durch die Worte aus: »sowie auch in der Lehre vom Menschen [ebenso wie im vorigen Adhikaraṇam keine Zusammenfassung zuzugeben ist]«; nämlich deswegen, weil in der Art, wie die einen Vedaschulen, d.h. die der Tâṇḍin's und der Pai gin's, in der »Lehre vom Menschen« die Sache darstellen, in dieser Art »die andern« dieselbe »nicht erwähnen«, nämlich die Taittirîya's; denn ihre Darstellung des Opfers zeigt sich als von der der andern wesentlich verschieden, sofern sie dabei Gattin, Opferspender, Veda, Opferbette, Opferstreu, Opferschmalz, Opfertier und die Opferpriester im einzelnen durchgehen [und auf Teile des Menschen deuten]. Ebenso ist die Darlegung der Kelterungen [im Taittirîyakam] von der an der andern Stelle (Chând. 3, 16, 1-5) ganz verschieden, sofern es heisst: »was er abends, morgens und mittags [isst], das sind die Kelterungen« (Taitt. âr. 10, 64, 2 ungenau.) Und wenn auch eine gewisse Ähnlichkeit in der Auffassung des Sterbens als der Schlusswaschung [beim Opfer] und anderm vorliegt (Taitt. âr. 10, 64, 3. Chând. 3, 17, 5), so ist das doch nur weniges und wird überboten von der überwiegenden Wesensverschiedenheit, welche nicht erlaubt, die Stellen als zusammengehörig anzuerkennen. Übrigens redet die Taittirîyastelle gar nicht von einem Opfer des Menschen, | sondern es heisst: »des Opfers des Wissenden«, und diese beiden Genitive werden nicht, der eine als Apposition dem andern, coordiniert, sondern sie bedeuten »das Opfer desjenigen,[583] welcher ein Wissender ist.« Es ist also gar nicht davon die Rede, dass der Mensch wirklich das Opfer sei, sondern die beiden Genitive beziehen sich auf Verschiedenes und bedeuten das Opfer desjenigen, welcher ein Wissender ist. Denn die Beziehung zwischen Mensch und Opfer im eigentlichen Sinne besteht doch darin, dass der Mensch das Opfer darbringt [nicht aber ist]; und soweit es möglich ist, muss man immer dem eigentlichen Sinne vor dem bildlichen den Vorzug geben. Da nun in den Worten: »sein Selbst ist der Opferspender« (Taitt. âr. 10, 64, 1) der Mensch als der Opferspender ausdrücklich erwähnt wird, so beweist dieses klärlich, dass die Verknüpfung des Menschen und des Opfers [in den Worten »des Opfers des Solches Wissenden«] nicht als eine appositionelle Koordination gefasst werden darf. Hierzu kommt, dass die Schrift in den Worten »des Solches Wissenden« [auf den Inhalt des Wissens] als auf ein schon Bekanntes zurückverwiesen hat, dass sie somit, wenn sie dann weiter noch den Menschen als das Opfer und sein Selbst u.s.w. als den Opferspender erst kennen lehren wollte, den Zusammenhang des Folgenden mit dem Vorhergehenden aufheben würde. Dies geht um so weniger, als, wenn wir sehen, wie vorher die Lehre vom Âtman mitsamt der Entsagung als ihrer Folge dargelegt wurde, und es dann weiter heisst: »des Solches Wissenden«, jeder in dieser Erwähnung nur eine zum Vorhergehenden gehörige, nicht eine selbständige Bemerkung erkennen wird. Dem entspricht es, dass wir auch nur eine Frucht für beide Absätze | verheissen finden, nämlich dass man »die Majestät des Brahman erlangen« soll (Taitt. âr, 10, 63, 23 und 10, 64, 4.) Hingegen wird in den andern Vedaschulen (Chând. 3, 16-17) die Lehre vom Menschen [als einem Opfer] so hingestellt, dass sie nicht den Nachtrag zu einem Vorhergehenden bilden kann. Denn sie hat ihre eigene Frucht für sich, nämlich die Erhöhung der Lebensdauer, welche zuletzt zusammengefasst wird in den Worten: derjenige »fürwahr lebet der Jahre einhundert und sechzehn, wer Solches weiss« (Chând. 3, 16, 7.) Somit folgt, dass auch die in den andern Vedaschulen bei der Lehre vom Menschen [als Opfer] vorkommenden Bestimmungen, wie Segensformeln, Verse u.s.w. (vgl. Chând. 3, 17, 6-7) im Taittirâyakam nicht anzuwenden sind.

Quelle:
Die Sűtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 582-584.
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