[601] 34. iyad-āmananāt
wegen ihrer Erwähnung als so und so viele.

»Zwei Freunde, schön befiedert, wisse

Auf einem Baum verbunden du;

Der eine isst die süsse Beere,

Der and're schaut nicht essend zu.«


Dieser Vers wird [aus Ṛigv. 1, 164, 20] in einem von der innern Seele handelnden Abschnitte sowohl von den Ātharvaṇika's (Muṇḍ. 3, 1, 1), als auch von den Ēvetāēvatara's (Ēvet. 4, 6) citiert. Dasselbe gilt von einer Stelle der Kaṭha's (Kāṭh. 3, 1):


»Erfüllung trinkend ihres Thuns im Leben,

Sind eingegangen beide in die Höhle,

Im Höchsten, das des Höchsten eine Hälfte [d.h. im Herzen

Schatten und Licht nennt sie wer Brahman kennet,

Und wer, der Feuer Fünfzahl unterhaltend,

Das Naciketas-Feuer dreimal zündet.«[601]


Hier erhebt sich die Frage, ob eine Einheit der Lehre oder eine Verschiedenheit der Lehren anzunehmen ist. – Angenommen also, ›es sei eine Verschiedenheit der Lehren anzunehmen. Warum? weil ein Unterschied vorliegt; denn in der Stelle »zwei Freunde« wird von dem einen gesagt, dass er geniesse, von dem andern, dass er nicht geniesse. Hingegen in der Stelle »Erfüllung trinkend« wird allen beiden ein Geniessersein zugeschrieben. Da somit der Gegenstand der Belehrung ein verschiedener ist, so muss auch die Lehre es sein.‹ – Auf diese Annahme erwidert der Lehrer, dass vielmehr eine Einheit der Lehre vorliegt; warum? weil in diesen beiden Stellen der Gegenstand der Belehrung durch ein So-und-so-viel-sein, d.h. als in der Zweizahl vorhanden, | beiderseitig ohne Unterschied gelehrt wird. – ›Aber die beiderseitige Verschiedenheit haben wir doch nachgewiesen.‹ – Mit nichten! denn in beiden Versen ist von Gott, sofern er sich von der Seele unterscheidet, und von nichts anderm die Rede. Nämlich in der Stelle »zwei Freunde« u.s.w. wird durch die Worte: »der and're schaut nicht essend zu«, der höchste Ātman als erhaben über das Bedürfnis des Essens dargestellt, und auch aus dem Weiterfolgenden ergiebt sich, dass von ihm die Rede ist, indem es heisst: »hat er den Herrn gesuchet und gefunden in Majestät, dann weicht der Kummer fern« (Muṇḍ. 3, 1, 2.) Hingegen in der Stelle »Erfüllung trinkend« wird, obwohl nur die individuelle Seele trinkt, doch auch von dem höchsten Ātman wegen seiner Gemeinschaft mit ihr uneigentlich gesagt, er trinke, ähnlich wie bei dem Sonnenschirm [gesagt werden kann, dass zwei ihn tragen, wiewohl ihn nur der eine trägt]. Das Thema der Stelle ist nämlich der höchste Ātman, denn es heisst zu Anfang: »vom Guten frei, und frei vom Bösen« (Kāṭh. 2, 14), und auf ihn bezieht sich das weiter Folgende: »er der die Brücke ist der Opfern den, er der das Unvergängliche, das höchste Brahman ist« (Kāṭh. 3, 2); wie wir dies an der Stelle: »die beiden in die Höhle eingegangenen, denn zwei Seelen [sind gemeint]« (Sūtram 1, 2, 11) des Weiteren dargelegt haben. Somit liegt keine Verschiedenheit des Gegenstandes und folglich keine solche der Lehre vor. Auch ist an allen drei Stellen, wenn man das Vorhergehende und Nachfolgende in Betracht zieht, ersichtlich, dass es sich in ihnen nur um den höchsten Ātman handelt, und dass die Herbeiziehung der individuellen Seele keinen andern Zweck hat, als die Wesenseinheit mit ihm zu lehren. Wir sahen aber bereits, dass bei der Lehre vom höchsten Ātman ein Zweifel, ob er einheitlich sei oder nicht, nicht statthaft ist (vgl. S. 550); daher dieses Wiederaufnehmen der Frage hier nur zur näheren Darlegung dient. Es steht somit fest, dass die überschiessenden Bestimmungen an diesen Stellen zusammenzufassen sind.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 601-602.
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