[591] 27. sāmparāye, tartavya-abhāvāt, tathā hi anye
bei dem zum Dahinscheiden, weil eine Notwendigkeit, dass sie hinübergelangten, nicht vorliegt; denn so lehren andere.

Die Kaushītakin's erwähnen in der Thronlehre, wie derjenige, welcher auf dem Götterwege zu dem auf dem Throne sitzenden Brahman hinübergeht, unterwegs von seinen guten und bösen Werken losgemacht wird: »wenn er diesen Götterweg betritt, so gelangt er in die Welt des Agni«, und wie es weiter heisst: »dann kommt er zu dem Strome Vijarā1; diesen überschreitet er durch den Geist; dann schüttelt er von sich das gute und das böse Werk« (Kaush. 1, 3-4.) Hier entsteht die Frage, ob die Stelle von der Lostrennung [der Werke] so zu verstehen ist, dass dieselbe, dem Schriftworte entsprechend, unterwegs geschieht, oder ob sie gleich zu Anfang mit dem Verlassen des Leibes stattfindet? –[591] Auf die Annahme, ›dass man es, weil die Schrift die Erkenntnisnorm ist, so nehmen müsse, wie die Schrift es sage‹, entscheidet der Lehrer: »bei dem«, nämlich Gehen »zum Dahinscheiden«, d.h. schon bei dem Verlassen des Leibes, findet, vermöge des Wissens, diese Loswerdung der guten und bösen Werke statt; | und als Grund giebt er an: »weil eine Notwendigkeit, dass sie hinübergelangten, nicht vorliegt«. Nämlich der Wissende, wenn er dahingeschieden ist und vermöge des Wissens zu Brahman hineilt, hat unterwegs mit seinen guten und bösen Werken durchaus nichts auszuführen, um dessen willen dieselben auch nur einen Augenblick weiter als unvernichtet fortbestehend zu denken wären. Da vielmehr die Frucht des Wissens ihnen entgegengesetzt ist, so findet kraft des Wissens ihre Vernichtung statt, und diese muss schon dann stattfinden, wenn er sich der Frucht des Wissens gegenüber befindet. Diese Vernichtung der guten und bösen Werke findet also, obschon sie erst hinterher erwähnt wird, schon vorher statt; »denn so lehren andere« Vedaschulen, nämlich die Tāṇḍin's und Cāṭyāyanin's, dass schon in dem vorhergehenden Zustande das Aufgeben der guten und bösen Werke stattfindet: »gleichwie ein Ross die Mähne, von mir schüttelnd das Böse« (Chānd. 8, 13, 1) und: »die Söhne übernehmen seine Erbschaft, die Freunde sein gutes Werk, die Feinde sein böses Werk«.

1

»nichtalternd«; beide Ausgaben, die von 1818 und 1863, lesen hier Virajā »staublos«, da doch die Lesart Vijarā durch die Worterklärung Kaush. 1, 3 na vā' ayaṃ jarishyati (im Texte jarayishyati) gesichert ist.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 591-592.
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