[581] 23. sambhṛiti-dyuvyâptî api ca ataḥ
auch die Beschliessung und Himmelserfüllung aus demselben Grunde.

»In Brahman als dem ältesten die Kräfte sind beschlossen;

Das Brahman hat als ältestes den Himmel ausgegossen«;


in diesen Worten werden in den Supplementen der Râṇâyanîya's die Beschliessung der Kräfte, die Gründung des Himmels u.s.w. als die Machtvollkommenheiten des Brahman erwähnt. In der derselben Vedaschule angehörigen Upanishad werden die Lehre des Çâṇḍilya (Chând. 3, 14) und andere auf das Brahman bezügliche Lehren mitgeteilt. Bei der Frage, ob mit diesen Lehren von Brahman jene Machtentfaltungen des Brahman zusammenzufassen sind oder nicht, und auf die Annahme, ›dass man sie, wegen ihrer Verbindung mit dem Brahman, zusammenzufassen habe‹, bemerkt der Lehrer: »die Beschliessung und Himmelserfüllung« und andere Machtvollkommenheiten des Brahman sind nicht mit der Lehre des Çâṇḍilya u.s.w. Zusammenzufassen, »aus demselben Grunde [wie im vorigen Adhikaraṇam]«, d.h. wegen ihrer Verbindung mit einem bestimmten Standorte. So wird z.B. | in der Lehre des Çâṇḍilya als Standort des Brahman das Herz bezeichnet: »dieser ist meine Seele im innern Herzen« (Chând. 3, 14, 2); und ganz ebenso heisst es in der Lehre von dem kleinen Raume: »hier in dieser Brahmanstadt ist ein Haus, eine kleine Lotosblume [das Herz]; inwendig darinnen ist ein kleiner Raum« (Chând. 8, 1, 1.) Hingegen wird in der Lehre des Upakoçala als sein Standort das Auge bezeichnet: »der Mann, den man in dem Auge sieht« u.s.w. (Chând. 4, 15, 1.) In dieser Weise wird bald dieses, bald jenes als der psychologische Standort des Brahman in diesen Lehren angenommen. Hingegen sind jene andern, die Beschliessung, Himmelserfüllung[581] u.s.w., kosmologische Machtentfaltungen; wie sollten dieselben also bei diesen [psychologischen Anschauungen] zur Verwendung kommen? – ›Aber ist nicht auch bei den letzteren Lehren von kosmologischen Machtentfaltungen die Rede, wenn es z.B. heisst: »grösser als der Himmel, grösser als diese Welten« (Chând. 3, 14, 3); – »er heisset auch der Glanzesfürst, denn in allen Wesen [statt: Welten] erglänzet er« (Chând. 4, 15, 4); – »wahrlich so gross dieser Weltraum ist, so gross ist dieser Raum inwendig im Herzen; in ihm sind beide, der Himmel und die Erde beschlossen« (Chând. 8, 1, 3.) Auch giebt es ja noch andere Lehren von Brahman, welche keinen bestimmten Standort desselben angeben, wie z.B. die Lehre von den sechzehn [in Brahman aufgehenden] Teilen (Praçna 6, 5)‹ – Das ist wohl wahr, aber doch findet sich dabei eine Bestimmung, welche nicht erlaubt, die Beschliessung und Himmelserfüllung damit zusammenzufassen. | Denn wo Lehren, wenn auch schon an auseinanderliegenden Stellen, aufgestellt werden, welche dieselben Attribute vorbringen, da kann es [unter Umständen] richtig sein, die an auseinanderliegenden Stellen vorkommenden Attribute zusammenzufassen; hingegen die Beschliessung u.s.w. und wiederum die in der Çâṇḍilyalehre und anderen vorkommenden Attribute sind von der Art, dass sie sich gegenseitig ausschliessen, und können daher nicht zum Ausbau einer an einer andern Stelle vorkommenden Lehre dienen. Denn darum allein, weil sie sich auf Brahman beziehen, dürfen sie nicht zum Ausbau einer anderweit vorkommenden Lehre verwendet werden, indem dieses auch bei Lehren vorkommt, welche verschieden sind; denn wennschon das Brahman eines ist, so steht es doch fest, dass dasselbe vermöge der mannigfachen Verschiedenheit seiner Machtentfaltungen in verschiedener Weise verehrt werden kann, wie ja auch in Bezug auf die Stelle, wo vorkommt, »dass er der allervortrefflichste« sei, eine solche Verschiedenheit sich ergab (Sûtram 3, 3, 7.) Darum ist es nicht statthaft, die Beschliessung der Kräfte u.s.w. mit der Lehre des Çâṇḍilya u.s.w. zusammenzufassen.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 581-582.
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