[495] 22. sābhāvya-āpattir, upapatteḥ
es ist Übergang in ein Zusammensein, weil [nur] ein solches möglich.

Wir sahen, wie die Vollbringer der Opfer u.s.w. auf den Mond gelangen und »nachdem sie daselbst verweilt haben, solange ein Rest bleibt« (Chānd. 5, 10, 5), mit einem Bodensatze behaftet von dort wieder herabsteigen. Es ist nunmehr die Art dieses Herabsteigens in Betracht zu ziehen. Die Schriftstelle über das Herabsteigen lautet wie folgt: »so kehren sie darauf auf dem Wege, den sie gekommen sind, wiederum zurück in den Ākāēa, aus dem Ākāēa in den Wind; nachdem sie Wind geworden sind, werden sie zu Rauch, nachdem sie Rauch geworden, zu Dunst, nachdem sie Dunst geworden, zur Wolke, nachdem sie Wolke geworden, regnen sie herab« (Chānd. 5, 10, 5-6.) Hier erhebt sich der Zweifel, ob die Herabsteigenden ganz in die Natur des Ākāēa u.s.w. übergehen, oder nur in eine Ähnlichkeit [sāmyam,[495] wie Ēankara statt des im Sūtram stehenden sābhāvyam liest] mit dem Ākāēa u.s.w. – Angenommen also, ›sie gingen ganz in die Natur des Ākāēa u.s.w. über; warum? weil so der Wortlaut der Schrift ist, und weil dieselbe andernfalls bildlich aufzufassen sein würde; bei einem Zweifel aber über Wörtlichkeit und Bildlichkeit ist die Wörtlichkeit massgebend und nicht die Bildlichkeit. Und ebenso, wenn es weiter heisst: »nachdem sie Wind geworden sind, werden sie zu Rauch« u.s.w. (Chānd. 5, 10, 5), so ist dies buchstäblich richtig nur, wenn sie in die Natur derselben übergehen. Somit findet ein Übergang in die Natur des Ākāēa u.s.w. statt.‹ – Auf diese Annahme erwidern wir: sie gelangen nur in einen Zustand der »Aehnlichkeit« (sāmyam) mit dem Ākāēa u.s.w. Indem nämlich auf der Mondscheibe der wasserartige Leib, welcher sich zum Zwecke des Genusses gebildet hatte, zugleich mit dem Verbrauche dieses Genusses schwindet, so wird er fein und dem Ākāēa (Äther) ähnlich; von hier gelangt er in das Gebiet des Windes und wird dann weiter dem Rauche u.s.w. eingemengt. Dieses ist zu verstehen, wenn es heisst: »wiederum zurück in den Ākāēa, aus dem Ākāēa in den Wind« u.s.w. (Chānd. 5, 10, 5); warum? weil nur dieses möglich; nämlich nur so ist es möglich, während hingegen ein wirkliches Werden einer Sache zur andern [wie es freilich Sūtram 2, 3, 8 gelehrt worden] nicht möglich ist. Ferner könnte [aus demselben Grunde] bei einem Übergange in die Natur des Ākāēa ein Herabsteigen auf dem Wege des Windes u.s.w. nicht statthaben. Auch kann, weil mit dem Ākāēa (Äther, Raum), wegen seiner Alldurchdringung, eine immerwährende Verbindung schon stattfindet, die [besondere] Verbindung mit ihm hier füglich keine andere sein, als der Übergang in einen ihm ähnlichen Zustand. Wo aber die wörtliche Fassung unmöglich ist, da ist die bildliche das Richtige, und somit bedeutet das Werden zu Ākāēa u.s.w. uneigentlich nur ein Übergehen in die Ähnlichkeit mit dem Ākāēa und den übrigen.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 495-496.
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