[659] 27. çama-dama-âdi-upetaḥ syât tathâ 'pi tu, tad-vidhes, tad-a gatayâ teshâm avaçya-anushṭheyatvât
aber er muss doch mit Gemütsruhe, Bezähmung u.s.w. ausgerüstet sein, weil dies vorgeschrieben, und weil dieselben als ein Bestandteil von jenem [dem Wissen] notwendig zu betreiben sind.

[659] Es könnte jemand denken, ›dass es doch nicht richtig sei, die Opfer u.s.w. für ein Mittel der Wissenschaft anzusehen, weil eine Vorschrift dabei nicht vorliege; denn wenn die Schrift sagt: »sie suchen zu erkennen durch Opfer«, so ist dies nur eine zur Sache gehörige Erläuterung (anuvâda), welche zur Verherrlichung des Wissens dient, nicht aber eine Vorschrift des Opfers u.s.w. giebt; nämlich so höchst wertvoll ist das Wissen, dass man es selbst durch Opfer u.s.w. zu erreichen sucht.‹ – Dagegen ist zu bemerken, dass jedenfalls doch der nach Wissen Trachtende »mit Gemütsruhe, Bezähmung u.s.w. ausgerüstet sein muss«; denn wenn es heisst: »darum, wer Solches weiss, der ist beruhigt, bezähmt, entsagend, geduldig und gesammelt; nur in dem Selbste sieht er das Selbst« (Bṛih. 4, 4, 23), | so werden hier Gemütsruhe, Bezähmung u.s.w. als Bedingungen des Wissens geradezu vorgeschrieben; was aber vorgeschrieben wird, das ist notwendig zu betreiben. – ›Aber es wird doch auch in diesen Worten nur gesagt, »er ist beruhigt« u.s.w., und »er sieht«, so dass also auch hier nur die Bezeichnung eines thatsächlich Vorhandenen vorliegt, und das ist doch keine Vorschrift.‹ – Diesen Einwand bestreiten wir, denn das Wort »darum« bezieht sich auf die vorhergehende Anbefehlung [»man folge seiner Spur« u.s.w. Bṛih. 4, 4, 23] und giebt somit dem Folgenden den Charakter einer Vorschrift; auch lesen die Mâdhyandina's [an der entsprechenden Stelle Çatap. br. 14, 7, 2, 28] geradezu »er sehe«, worin eine offenbare Vorschrift liegt. Sollte daher auch auf Opfer u. dgl. eine Rücksichtnahme nicht mehr statthaben, so ist doch jedenfalls eine solche für die Gemütsruhe u.s.w. zuzugeben. Es sind aber ferner auch die Opfer u.s.w. in der That zu berücksichtigen, und zwar eben wegen dieses Schriftwortes vom Opfern u.s.w. – ›Aber wir sagten doch, dass, wenn es heisse, sie suchten durch Opfer u.s.w. zu erkennen, hierin eine Vorschrift nicht zu finden sei.‹ – Allerdings, aber gleichwohl muss hier, weil die vorliegende Verbindung noch nicht da war, eine Vorschrift angenommen werden; denn im Vorherigen kommt eine solche Verknüpfung des nach Wissen Trachtens mit den Opfern u.s.w. nicht vor, dass man hier eine blosse Erläuterung (anuvâda) annehmen dürfte. Es ist hiermit ähnlich, wie wenn es z.B. heisst: »darum geniesst[660] Pûshan nur zerkleinerte Nahrung, denn er hat keine Zähne« (Taitt. saṃh. 2, 6, 8, 5); auch diese Worte enthalten allerdings keine Vorschrift, aber gleichwohl müssen sie, weil eine solche nicht vorhergeht, als Vorschrift aufgefasst werden; worüber die Untersuchung an der Stelle: »die Zerkleinerung für Pûshan hat man als eine [neue] Modalität aufzufassen«, im ersten Teile (Jaim. 3, 3, 34) geliefert worden ist. Und in demselben Sinne hiess es auch: »oder [vielmehr] eine Vorschrift wie bei dem Tragen« (Sûtram 3, 4, 20.) Übrigens wird in Smṛitistellen, | z.B. in den Bhagavadgîtâ's (3, 19 fg.), ausgeführt, wie Opfer u.s.w., sofern man dieselben betreibt, ohne einen Lohn dafür im Auge zu haben, dem nach Erlösung Trachtenden als Mittel zur Erkenntnis dienen. Somit sind sowohl Opfer u.s.w. als auch Gemütsruhe u.s.w. je nach dem Lebensstadium, d.h. es sind alle Werke der Lebensstadien, soweit es sich um ein Entstehen des Wissens handelt, zu berücksichtigen. Hierbei sind Gemütsruhe u.s.w., weil sie durch den Ausdruck »wer Solches weiss« (Bṛih. 4, 4, 23) mit dem Wissen selbst verbunden sind, als die unmittelbaren Bedingungen des Wissens anzusehen, während im Gegensatze dazu Opfer u.s.w., die nur mit dem Trachten nach Wissen an derselben Stelle verbunden vorkommen, als die äusseren Mittel des Wissens zu betrachten sind.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 659-661.
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