[669] 40. tad-bhûtasya tu na a-tad-bhâvo, Jaiminer api, niyama-atadrûpa-abhâvebhyaḥ
vielmehr wer dieses geworden, kann nicht [mehr] werden was nicht dieses, auch nach Jaimini, wegen der Regel, wegen des Mangels derartiger und wegen des Nichtvorhandenseins.

Wir haben festgestellt, dass solche Lebensstadien, welche das Keuschheitsgelübde halten, anerkannt werden müssen (Sûtram 3, 4, 18-20.) Nun fragt sich, ob für einen, der sich ihnen hingegeben, irgend ein Mal ein Abfall von dem Gelübde möglich ist oder nicht? – Nämlich ›es könnte ja einer aus Neigung, die vormaligen Pflichten [des Gṛihastha] geziemend zu betreiben, oder auch aus leidenschaftlichem Drange, sei es das eine oder das andere, darauf kommt es nicht an, doch einmal einen Fehltritt begehen.‹ – Hierauf ist zu erwidern: | »vielmehr wer dieses geworden«, wer das Gelübde der Keuschheit auf sich genommen hat, darf unter keinen Umständen »werden was nicht dieses«, d.h. sich dagegen vergehen; warum? »1) wegen der Regel, 2) wegen des Mangels derartiger und 3) wegen des Nichtvorhandenseins«. Denn 1) heisst es: »indem er sich für immer im Hause des Lehrers niederlässt« (Chând. 2, 23, 2), und: »›er ziehe in den Wald‹, das ist das Wort, und, ›er kehre nimmer daraus zurück‹, das ist sein geheimer Sinn«; – sowie auch (Mahâbh. 12, 8578):


»Mit einem der vier Lebensstadien soll

Er sich, nachdem vom Lehrer er entlassen,

Bis zur Erlösung seines Leibes hin,

Wie es die Vorschrift anbefiehlt, befassen.«


Diese Regel zeigt, dass ein Abfall unstatthaft ist. Und während 2) die Schrift in Worten wie: »nachdem er die Schülerschaft erlangt, soll er ein Hausvater werden; ... schon aus der Schülerschaft heraus mag er ein Pilger werden« u.s.w. (Jâbâla-Up. 444-445) ein Emporsteigen in den Lebensstadien lehrt, so giebt es keine Stelle, welche von einem Herabsteigen redete. Endlich ist 3) nichts vorhanden [in den Dharmasûtra's], was derartiges als Sitte lehrte. – Und auch wenn das Herabsteigen bedingt sein sollte durch eine Neigung, die vormaligen Pflichten geziemend zu betreiben, ist dieses unstatthaft; denn die Smṛiti sagt (Bhag. G. 3, 35):[669]


»Die eigene Pflicht, nur schlecht geübt,

Ist besser | als die fremde, wohl betrieben«,


und die Regel ist, dass nicht dasjenige Pflicht ist, was man gut vollbringen kann, sondern dasjenige, was einem auferlegt worden ist; denn die Pflicht hat als Merkmal, dass etwas geboten worden ist. Und auch aus leidenschaftlichem Drange ist kein Fehltritt zu entschuldigen, denn das Gebot des Gesetzes wiegt schwerer als er. »Auch nach Jaimini«, – hier wird durch das Wörtchen »auch« noch besonders die Übereinstimmung zwischen Jaimini und Bâdarâyana in diesem Punkte hervorgehoben, um seine Gültigkeit noch zu verstärken.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 669-670.
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