[164] 24. ēabdād eva pramitaḥ
wegen des Wortes schon der Gemessene.

Die Schrift sagt: »zollhoch steht in des Leibes Mitte der Purusha« (Kāṭh. 4, 12), und: »der Purusha, zollhoch an Länge, wie eine Flamme ohne Rauch, der Herr des, das da war und sein | wird, er ist es heut' und morgen auch; – wahrlich dieses ist das« (Kāṭh. 4, 13.) Hier fragt sich, ob unter dem zollhohen Purusha die individuelle Seele oder der höchste Ātman zu verstehen ist.

Man könnte denken, ›es sei die individuelle Seele gemeint, weil ein bestimmtes Mass dabei angegeben wird; denn von der höchsten Seele, welche sich in unendlicher Ausdehnung erstreckt, könnte nicht gesagt werden, dass sie als Umfang die Grösse eines Zolles habe, während bei der individuellen Seele, zufolge ihrer Behaftung mit den Upādhi's, die zollhohe Grösse in gewissem Sinne passen würde; wie auch die Smṛiti sagt (Mahābhāratam 3, 16763):


»Da zog gleichwie an Stricken aus dem Leibe

Des Satyavant, an Länge einen Zoll hoch,

Den Purusha, gehorchend seinem Willen,

Yama, der Todesgott, mit Kraft heraus.«


Der höchste Gott kann es nicht sein, den Yama hier mit Kraft herauszieht; steht es aber fest, dass hier unter dem »an Länge einen Zoll hohen Purusha« die wandernde Seele zu verstehen ist, so liegt nahe anzunehmen, dass diese auch an unserer Stelle gemeint sei.‹

Hierauf erwidern wir: der (Kāṭh. 4, 12-13) als zollhoch »gemessene« Purusha muss der höchste Ātman sein; warum? »wegen des Wortes«, welches lautet: »der Herr, des das da war und sein wird« (Kāṭh. 4, 13); denn kein anderer als der höchste Gott kann ohne Einschränkung als der Herr des Vergangenen und Zukünftigen bezeichnet werden. Ferner auch wegen des Wortes: »wahrlich dieses ist das« (Kāṭh. 4, 13); hier bezieht sich die Schrift auf eine vorher aufgeworfene Frage, | und der Sinn ist: »wahrlich, dieses ist das, wonach du fragtest«, nämlich das Brahman. Denn nach dem Brahman war hier gefragt worden mit den Worten (Kāṭh. 2, 14):


»Was frei vom Guten und vom Bösen, von Ursach' und von Wirkung frei,

Frei vom Vergang'nen und Zukünft'gen, das sage mir, was dieses sei.«[164]


»Wegen des Wortes schon« [sagt unser Sūtram], d.h. schon wegen unserer Schriftstelle selbst, die ihn mit Namen bezeichnet als »den Herrn [des das da war und sein wird]«, muss man hier auf den höchsten Gott schliessen.

›Aber wie kann dem allgegenwärtigen höchsten Ātman in dieser Weise ein beschränkter Umfang beigelegt werden?‹ – Darauf antworten wir:

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 164-165.
Lizenz:
Kategorien: