[197] 41. ākāēo, 'rtha-antaratva-ādi-vyapadeēāt
der Raum (Äther), wegen der Bezeichnung seiner Anderwesenheit u.s.w.

Die Schrift sagt: »der Ākāēa (Äther, Raum) ist es, welcher die Namen und Gestalten auseinanderdehnt; was in diesen beiden ist, das ist das Brahman, das ist das Unsterbliche, das ist der Ātman« (Chānd. 8, 14.)

Wenn man sich fragt, ob unter dem Worte Ākāēa das höchste Brahman oder nur das bekannte Element des Ākāēa zu verstehen sei, so kann es angemessen scheinen, ›sich für das Element zu entscheiden, | weil das Wort Ākāēa gewöhnlich von diesem gebraucht wird, und weil auch das Auseinanderdehnen der Namen und Gestalten sich von eben demselben verstehen lässt, sofern der Ākāēa (Raum) es ist, welcher die Möglichkeit der Raumerfüllung (avakāēa) darbietet. Hierzu kommt, dass ein deutliches Merkmal des Brahman, wie etwa das Schöpfersein u. dgl., nicht vorliegt.‹

Auf diese Annahme erwidern wir, dass vielmehr das höchste Brahman hier unter dem Worte Ākāēa verstanden werden muss; warum? »wegen der Bezeichnung seiner Anderwesenheit u.s.w.«; denn wenn die Schrift sagt: »was in diesen beiden [den Namen und Gestalten] ist, das ist das Brahman«, so bezeichnet sie dadurch, dass der Ākāēa andern Wesens als die Namen und Gestalten ist. Es giebt aber ausser Brahman nichts, was andern Wesens als die Namen und Gestalten sein könnte; denn alles was durch Umwandlung entstanden [d.h. alles was nicht ursprünglich, nicht Brahman] ist, ist eben als die Namen und Gestalten auseinandergebreitet. Und auch das Auseinanderdehnen der Namen[197] und Gestalten kommt in unbeschränktem Sinne niemandem anders als dem Brahman zu; denn die Schrift lehrt in den Worten: »ich will mit diesem lebenden Selbste in sie [Feuer, Wasser und Erde] eingehen und auseinanderbreiten Namen und Gestalten« (Chānd. 6, 3, 2), dass dieses Auseinanderbreiten ein Werk des Brahman ist. – ›Aber wird nicht in diesen Worten das Auseinanderdehnen der Namen und Gestalten offenbar auch dem lebenden Selbste (der individuellen Seele) zugeschrieben?‹ – Allerdings, aber nur, um dadurch ihre Identität mit Brahman anzuzeigen. Übrigens liegt schon darin, dass einem das Auseinanderdehnen der Namen und Gestalten zugeschrieben wird, ausgesprochen, dass er der Schöpfer u.s.w. derselben ist, mithin ein Merkmal des Brahman. Und auch wenn es dabei heisst: »das | ist das Brahman, das ist das Unsterbliche, das ist der Ātman«, so ist auch das ein Beweis dafür, dass von Brahman geredet wird. – Schon oben hiess es: »der Äther (ākāēa), weil seine Merkmale« (Sūtram 1, 1, 22), wovon das Gegenwärtige eine weitere Ausführung ist.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 197-198.
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