[142] 10. aksharam, ambara-anta-dhṛiteḥ
das Unvergängliche, wegen der Befassung bis zum Äther hin.

Es heisst: »aber worin ist denn der Äther eingewoben und angewoben? – Er antwortete: es ist das, o Gārgī, was die Brahmanen das Unvergängliche (aksharam) nennen; es ist nicht grob und nicht fein« u.s.w. (Bṛih. 3, 8, 7-8.) Hier erhebt sich die Frage, ob unter dem »Unvergänglichen« (aksharam) der Buchstabe [welcher, als das nicht weiter auflösliche Urelement der Rede, von den Indern aksharam genannt wird] oder aber der höchste Gott zu verstehen ist.

Man könnte denken: ›da in Ausdrücken wie akshara-samāmnāya (Buchstabenverzeichnis, Alphabet) das Wort aksharam für »Buchstabe« gebräuchlich, und von dem Gebräuchlichen abzuweichen nicht ziemlich ist, da ferner auch in andern Schriftstellen, wie: »dieses Weltall ist nur der Laut Om« (Chānd. 2, 23, 4) die [drei in Om enthaltenen] Buchstaben zum Zwecke ihrer Verehrung für die Seele des Weltganzen erklärt werden, so sei auch an unserer Stelle unter dem aksharam nur der Buchstabe zu verstehen.‹

Auf diese Annahme ist zu erwidern, dass das Wort aksharam hier nur den höchsten Ātman bedeuten kann; warum: »wegen der Befassung bis zum Äther hin«, d.h. weil er alles durch Umwandlung Entstandene von der Erde an bis zum Äther hin in sich befasst. Nämlich die Gesamtheit alles Umgewandelten, Erde u.s.w., wie es durch die Dreiheit der Zeiten [Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft] sich verteilt, wird durch die Worte: »das ist angewoben und eingewoben in dem Äther« (Bṛih. 3, 8, 7) als in dem Äther gegründet nachgewiesen; und auf die weitere Frage: »aber worin ist denn der Äther eingewoben und angewoben?« wird zur Antwort auf jenes | Unvergängliche (aksharam) hingewiesen;[142] und ebenso heisst es zum Beschlusse: »fürwahr in diesem Unvergänglichen ist der Äther eingewoben und angewoben, o Gārgī« (Bṛih. 3, 8, 11.) Diese »Befassung alles Seienden bis zum Äther hin« kann von keinem andern als von Brahman ausgesagt werden, und auch wenn es (Chānd. 2, 23, 4) heisst: »dieses Weltall ist nur der Laut Om«, so wird auch hier der Laut Om als ein Mittel der Erlangung des Brahman der Anpreisung halber erwähnt. Darum, und weil in dem Worte aksharam liegt, dass es nicht vergeht (na ksharati), und dass es durchdringt (aēnute), also wegen der Ewigkeit und der Alldurchdringung, bedeutet aksharam das höhere Brahman.

›Das mag ja sein‹, könnte man einwenden, ›aber wenn die Befassung von allem bis zum Äther hin als die Abhängigkeit alles Gewordenen von seiner Ursache verstanden wird, dann kann diese Befassung von allem bis zum Äther hin auch von denen geltend gemacht werden, welche die Urmaterie für die Weltursache halten; mit welchem Rechte also findet man in dieser Befassung eine Darlegung des Brahman?‹ – Darauf dient zur Antwort:

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 142-143.
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