[134] 7. sthiti-adanâbhyâñ ca
auch wegen des Dabeistehens und des Essens.

Im Verlaufe der Stelle von dem Stützpunkte des Himmels und der Erde, bei den Worten: »zwei Freunde schön befiedert[134] wisse auf einem Baum verbunden du« (Muṇḍ. 3, 1, 1), ist weiterhin | von einem Dabeistehen und einem Essen die Rede, indem es heisst: »der eine isst die süsse Beere« – dies bedeutet das Essen [lies açanam] der Frucht der Werke, – »der and're schaut nicht essend zu« – dies bedeutet ein müssiges Dabeistehen, – und dieses beides, nämlich das Dabeistehen und das Essen, muss man hier von Gott und von dem Kshetrajña (der individuellen Seele) verstehen. Wird nun unter dem Stützpunkte des Himmels und der Erde Gott verstanden, so ist es in der Ordnung, dass dieser, nämlich Gott, weil von ihm die Rede war, als von dem Kshetrajña verschieden hervorgehoben wird; im andern Falle würde die Erwähnung Gottes, von dem doch keine Rede gewesen, unmotiviert und zusammenhanglos sein. – ›Aber folgt nicht bei deiner Auffassung hinwiderum, dass es unmotiviert ist, dass der Kshetrajña als von Gott verschieden hervorgehoben wird.‹ – Doch nicht, weil eine solche Hervorhebung überhaupt nicht in der Absicht der Schrift liegt. Denn der Kshetrajña, wie er als Thäter und Geniesser in den einzelnen Leibern, mit dem Upâdhi der Buddhi verbunden, besteht, wird nur von Seiten der Erfahrung angenommen [worin eben das Motiv seiner Erwähnung liegt], um seiner selbst willen aber von der Schrift überhaupt nicht erwähnt. Gott hingegen wird, weil er von der Erfahrung nicht angenommen wird, von der Schrift um seiner selbst willen gelehrt; daher bei ihm eine unmotivierte [nur gelegentliche] Erwähnung nicht angemessen sein würde. Übrigens haben wir schon bei dem Sûtram: »die beiden in die Höhle eingegangenen, denn zwei Seelen« (1, 2, 11), bewiesen, dass unter den beiden Vögeln in diesem Verse Gott und der Kshetrajña zu verstehen sind; und wenn darunter, gemäss der aus der Pai gi-Upanishad geschöpften [oben, S. 101 fg. schon besprochenen] Auslegung das Sattvam und der Kshetrajña verstanden werden sollen, so geht auch das ohne Widerspruch an. Wie das? Nun, weil von dem Lebensträger, wie er, dem Raume in den Gefässen vergleichbar, unter der Vorstellungsform seiner Upâdhi's, des Sattvam u.s.w., in den einzelnen | Leibern sich der Auffassung darbietet, durch unsere Stelle ausgeschlossen wird, dass er der Stützpunkt von Himmel und Erde sein könne; während hingegen derjenige, welcher allerdings auch [als der Kshetrajña] in allen Leibern wohnt, sofern man ihn in seiner Befreitheit von den Upâdhi's in Betracht zieht, kein anderer als der höchste Âtman ist. So wie nämlich die Räume in den Gefässen u.s.w., sofern man sie in ihrer Befreitheit von den Upâdhi's der Gefässe in Betracht zieht, nichts anderes sind als der grosse Weltraum, ebenso ist auch der Lebensträger [d.h. der Kshetrajña, die individuelle Seele], sofern er von dem höchsten Âtman nicht verschieden gedacht werden kann, nicht [als der Stützpunkt des Himmels und der Erde] abzuweisen; ebenderselbe hingegen, sofern er unter der Vorstellungsform[135] des Sattvam u.s.w. aufgefasst wird, darf nicht als der Stützpunkt des Himmels und der Erde betrachtet werden. Somit kann der Stützpunkt des Himmels und der Erde nur das höchste Brahman sein. Übrigens ist dies schon durch das Sûtram »der mit den Eigenschaften der Unsichtbarkeit u.s.w., wegen Nennung seiner Qualitäten« (1, 2, 21) als bewiesen zu erachten, da mitten in der dort besprochenen Stelle von dem Mutterschosse der Wesen die gegenwärtig uns beschäftigenden Worte: »Der Ort in welchem Himmel, Erd' und Luftraum« u.s.w., sich vorfinden. Nur dass sie, behufs ausführlicherer Betrachtung, hier nochmals vorgenommen wurden.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 134-136.
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