Viertes Adhikaraṇam.

[14] ›Aber‹ [so könnten hier die Anhänger des Jaimini einwenden] ›wie kann man behaupten, dass der Schriftkanon die Bestimmung habe, als Beweisgrund für das Brahman zu dienen? Denn es hiess doch: »dieweil der Zweck der heiligen Lehre die Werke sind, so ist zwecklos, was diesem Zweck nicht dient« (Jaim. 1, 2, 1); in diesen Worten wird als Zweck des Schriftkanons das [rituelle] Werk gelehrt; | folgt daraus nicht, dass die Vedāntatexte zwecklos sind, da sie keine Werke als Zweck haben? Oder soll man annehmen, dass sie bezwecken, über den Handelnden, die[14] Gottheiten u.s.w. aufzuklären, und somit einen besonderen Teil der Werk-Vorschriften bilden? Oder etwa, dass sie bezwecken, Verehrungen u.s.w. als eine neue Art von Werken vorzuschreiben? Denn eine traditionelle Belehrung über die Natur eines fertig vorhandenen Gegenstandes ist doch nicht denkbar, da ein fertig vorhandener Gegenstand in den Bereich der Wahrnehmung u.s.w. gehört. Und eine traditionelle Belehrung über ihn, ohne dass es sich dabei um zu Thuendes und zu Meidendes handelte, kann doch nicht das Ziel des Menschen sein. Wendet man ein, dass demzufolge auch Worte wie »er weinte« | u.s.w. (Taitt. Samh. 1, 5, 1, 1) zwecklos seien, so ist das nicht zuzugeben; denn nach der Regel: »mit Vorschriften zu eins verbunden, bezwecken sie der Vorschriften Anpreisung« (Jaim. 1, 2, 7), sind sie zweckdienlich, nämlich zur Anempfehlung. Und was die Mantra's [Hymnen und Sprüche]: »Zur Labung dich« und wie es weiter geht (Taitt. Samh. 1, 1, 1, 1), betrifft, so wurde ihre Zusammengehörigkeit zu den Werken dahin erklärt, dass sie bei den Ceremonien als Mittel der Vollbringung in Anwendung kommen. Überhaupt ist nicht zu ersehen oder zu erweisen, welchem Zwecke irgendwelche Texte des Veda, abgesehen von ihrem Zusammenhang mit den Ceremonial-Vorschriften, dienen könnten. | Überall nun, wo es sich nur um die Natur eines fertig vorhandenen Gegenstandes handelt, findet eine Vorschrift nicht statt, weil alle Vorschriften sich auf ein Thun beziehen. Folglich muss man annehmen, dass die Vedāntatexte den Zweck haben, über die Natur der bei den Werken in Betracht kommenden Thäter, Gottheiten u.s.w. aufzuklären, und somit nur einen besonderen Teil der Werkvorschriften bilden. Wollt ihr aber dies, aus Scheu davor, einem fremden Ressort unterstellt zu werden, nicht zugeben, so müsst ihr doch wenigstens annehmen, dass sie auf die Thätigkeit der Verehrung u.s.w. dessen, worauf sich ihre Lehren beziehen, abzwecken. Somit folgt, dass ein »Grundsein des Schriftkanons« für das Brahman nicht statthat.‹

Auf diese Einwendung antworten wir wie folgt:

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 14-15.
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