[236] 18. anya-arthan tu Jaiminiḥ, praçna-vyâkhyânâbhyâm; api ca evam eke.
vielmehr um des andern willen, meint Jaimini, wegen der Frage und Darlegung; auch [lesen] so einige.

Übrigens braucht man hier gar nicht darüber zu streiten, ob an dieser Stelle die individuelle Seele oder das Brahman gemeint sei, weil, wie der Lehrer Jaimini behauptet, die Erwähnung der individuellen Seele an dieser Stelle geschieht »um des andern willen«, d.h. um der Darlegung des Brahman willen; warum? »wegen der Frage und Darlegung«. Erstlich also wegen der Frage; denn wenn es auch zunächst die über die Lebensorgane hinausliegende individuelle Seele ist, welche beim Aufwecken des Schlafenden geweckt wird, so findet sich doch, dass das hier Gemeinte auch noch über die individuelle Seele hinausliegt, wenn es heisst (Kaush. 4, 19): »wo weilte, o Bâlâki, jetzt eben dieser Mann? wo war alles dieses [an ihm]? woher ist es gekommen?« – Und dafür spricht zweitens auch die Antwort, wenn in derselben gesagt wird: »wenn der Eingeschlafene kein Traumbild[236] schaut, | dann ist er in diesem Prâṇa zur Einheit geworden«, und weiter: »so entspringen aus diesem Âtman alle Lebensorgane, je nach ihrem Standorte; aus den Lebensorganen die Götter, aus den Göttern die Welten« (Kaush. 4, 20); es ist nämlich das höchste Brahman, mit welchem im Tiefschlafe die individuelle Seele zur Einheit zusammengeht, und das höchste Brahman, aus welchem, nach den Grundsätzen des Vedânta, die Lebensorgane und die ganze übrige Welt wieder hervorgehen. Dasjenige also, in welchem der von allem Wachen freie, reine Schlaf der individuellen Seele als ihre von der Erkenntnis der durch die Upâdhi's bedingten Unterschiede befreite Eigennatur zur Geltung kommt, und woraus ihre, im Verluste jener Eigennatur bestehende Wiederkehr stattfindet, dieses wird hier als der höchste Âtman zu erforschen anbefohlen. »Auch [lesen] so einige« Vedalehrer, nämlich die Vâjasaneyin's, indem sie in dieser Unterredung zwischen Bâlâki und Ajâtaçatru, nachdem sie die individuelle Seele geradezu mit dem Worte »die erkenntnisartige« namhaft gemacht haben, sodann den über sie hinausliegenden höchsten Âtman erwähnen, wenn es weiter bei ihnen heisst: »was jener erkenntnisartige Geist ist, wo war der jetzt, woher ist er jetzt | gekommen?« und als Antwort darauf: »der Raum, der da inwendig im Herzen ist, darin liegt er« (Çatap. br. 14, 5, 1, 16-17 = Bṛih. 2, 1, 16-17.) Denn dass das Wort »Raum« von dem höchsten Âtman gebraucht wird, sehen wir auch in der Stelle: »inwendig darinnen ist ein kleiner Raum« (Chând. 8, 1, 1), und wenn es am angeführten Orte weiter heisst: »aus ihm entspringen alle diese Selbste« (Çatap. br. 14, 5, 1, 23, nicht Bṛih. 2, 1, 20), so ist aus der Behauptung, dass die mit den Upâdhi's behafteten Selbste aus einem andern entspringen, die Erklärung zu entnehmen, dass ihre Ursache der höchste Âtman ist. Zur Widerlegung der Ansicht aber, dass der [Mukhya] Prâṇa hier gemeint sei, dient zum Überflusse die Verweisung auf ein über den Prâṇa und die übrigen [Lebensorgane] Hinausliegendes, welche durch die Thatsache der Aufweckung des Schlafenden selbst gegeben wird.

Quelle:
Die Sűtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 236-237.
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