[95] 9. attā, cara-acara-grahaṇāt
der Esser, wegen Befassung des Beweglichen und Unbeweglichen.

In den Vallī's [»Ranken« genannten Textabteilungen] der Kaṭha's heisst es (Kāṭh. 2, 25):


»Dem Krieger und Brahmanen sind wie Brei,

Den mit des Todes Brühe er begiesst, –

Wer ist der Mann, der weiss, wo dieser ist?«


Hier ist, wie die Worte »Brei« und »Brühe« zeigen, von einem »Esser« die Rede, und es kann zweifelhaft sein, ob dieser Esser das Feuer ist, oder die individuelle Seele oder die höchste Seele, indem ein entscheidendes Merkmal nicht hervorgehoben wird, und alle drei, das Feuer, die individuelle Seele und die höchste Seele, in dem betreffenden Textbuche sowohl in den [von Naciketas gestellten] Fragen als auch in den [von Yama gegebenen] Antworten vorkommen.

| Angenommen also etwa, ›der Esser sei das Feuer; warum? weil dafür sowohl die Schrift, z.B. in der Stelle »das Feuer ist der Speiseesser« (Bṛih. 1, 4, 6), als auch die Erfahrung sprechen. Oder, der Esser mag die individuelle Seele sein, wie in der Stelle: »der eine isst die süsse Beere«, nicht aber der höchste Ātman, von dem es eben daselbst heisst: »der and're schaut nicht essend zu« (Muṇḍ. 3, 1, 1.)‹ –[95]

Auf diese Annahme erwidern wir, dass der Esser hier der höchste Ātman sein muss; warum? »wegen Befassung des Beweglichen und Unbeweglichen.« Nämlich »das Bewegliche und Unbewegliche«, d.h. die Pflanzenwelt und die der beweglichen Wesen, werden hier unter dem befasst, was, nachdem es mit der Brühe des Todes übergossen worden, gegessen werden soll. Bei einer derartigen Speise aber kann im vollen Sinne ein anderer als der höchste Ātman nicht der Esser sein; auf den höchsten Ātman aber passt es, dass er alles esse, sofern er es ist, der alles durch Umwandlung Entstandene wieder vernichtet. – ›Aber in unserer Stelle ist eine Befassung alles Beweglichen und Unbeweglichen doch nicht ersichtlich; wie kann man also diese »Befassung des Beweglichen und Unbeweglichen«, als wäre sie eine ausgemachte Sache, als Beweisgrund aufgreifen?‹ – Dieser Einwand ist nichtig, indem man daraus, dass der Tod die Brühe ist, auf den ganzen Komplex der lebenden Wesen [Pflanzen, Tiere, Menschen] schliessen muss, wobei Brahmanen und Krieger, weil sie die höchste Stelle einnehmen, passend dem Zwecke entsprechen, als Beispiele zu dienen. Wenn aber mit Berufung auf die Stelle: »der and're schaut nicht essend zu« (Muṇḍ. 3, 1, 1) bestritten wurde, dass der höchste Ātman der Esser sein könne, so bemerken wir, dass jenes Gleichnis ihm nur den Genuss der Frucht der Werke abspricht, da von dieser dort die Rede ist, nicht aber das Vernichten alles Erschaffenen, indem in allen Vedāntatexten das Brahman als die Ursache des Entstehens, Bestehens und Vergehens der Dinge allgemein angenommen wird. Darum kann der »Esser« hier nur der höchste Ātman sein.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 95-96.
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