[761] 15. pradîpa-vad âveças, tathâ hi darçayati
wie bei der Lichtflamme ist das Hineinfahren, denn so zeigt sie es.

In dem Sûtram: »ihr Sein Jaimini, wegen der Erwähnung des Wahlvermögens« (4, 4, 11) war die Körperhaftigkeit des Erlösten angenommen worden. Hierbei fragt sich nun, ob, wenn bei Gelegenheit der Dreifachwerdung u.s.w. mehrfache Leiber hervorgebracht werden, diese Leiber als seelenlos, so wie Holzmaschinen, hervorgebracht werden, oder ob sie, ähnlich wie unsere Leiber, beseelt sind? Man könnte annehmen, ›weil die Seele und das Manas sich nicht spalten lassen, müssten, so lange dieselben in dem einen Leibe sind, die andern Leiber unbeseelt sein‹; worauf der Lehrer versetzt: »wie bei der Lichtflamme ist das Hineinfahren«; d.h. so wie die eine Lichtflamme zu dem Sein mehrerer Lichtflammen übergehen kann, | weil sie Vervielfältigungskraft besitzt, ebenso kann auch der Wissende, obwohl er nur einer ist, weil er die Gottherrlichkeit besitzt, in ein mehrfaches Sein übergehen und in alle Leiber hineinfahren; warum? weil in dieser Weise die Schrift das mehrfache Sein des einen lehrt, wenn sie sagt: »er wird einfach, wird dreifach, fünffach, siebenfach« u.s.w. (Chând. 7, 26, 2.) Dies ist nicht möglich, wenn man das Gleichnis von den Holzmaschinen annimmt, noch auch wenn es eine andere Seele ist, die hineinfährt. Auch könnten die Leiber ohne Seelen sich nicht bewegen. Wenn aber behauptet wurde, dass eine Verbindung mit mehreren Leibern wegen der Unteilbarkeit der Seele und des Manas nicht möglich[761] sei, so hat das nichts auf sich; nämlich weil das Vermögen, Wahrhaftes zu wünschen, vorhanden ist, kann der Erlöste weitere, dem einen Manas entsprechend gebildete, mit einem Manas versehene Leiber sich schaffen; und nachdem sie geschaffen sind, kann er ihnen durch eine mittels Teilung der Upâdhi's bewirkte Teilung der Seele auch einen Vorsteher geben. Darüber handeln auch die Lehrbücher des Yoga, wenn sie sich mit der Verbindung des Yogin mit mehrern Leibern beschäftigen (vgl. Seite 168.)


›Aber wie lässt sich für den Erlösten jene das Hineinfahren in mehrere Leiber ermöglichende Gottherrlichkeit annehmen, da es doch heisst: »wie sollte er dann irgend wen erkennen« (Bṛih. 2, 4, 14); – »aber es ist kein Zweites da, kein anderes, von ihm verschiedenes, das er erkennen könnte« (Bṛih. 4, 3, 30); – »wie Wasser ist der eine Schauende, der zweitlose« (Bṛih. 4, 3, 32), – wo also dem Erlösten doch die auf die Unterschiede bezügliche (individuelle) Erkenntnis abgesprochen wird?‹ – Darauf giebt der Lehrer zur Antwort:

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 761-762.
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