[716] 3. tan manaḥ prāṇa', uttarāt
dann das Manas in den Prāṇa, wegen des folgenden.

Wir erkannten, dass in den Worten: »die Rede gehet ein in das Manas«, nur ein Eingehen der Funktion gelehrt werde. Wie steht es nun mit dem weiteren Worte: »das Manas in den Prāṇa (das Leben)« (Chānd. 6, 8, 6); ist | auch hier nur von einem Eingehen der Funktion die Rede, oder von einem Eingehen des Trägers der Funktion? – Man könnte denken, ›dass hier ein Eingehen des Trägers der Funktion anzunehmen sei, weil damit dem Wortlaute der Schrift genügt wird, und weil hier das eine aus dem andern wirklich entstanden ist. Denn die Schrift sagt: »nahrungsartig ist, o Teurer, das Manas, wasserartig der Prāṇa« (Chānd. 6, 6, 5); hiernach hat das Manas zum Ursprünge die Nahrung, und der Prāṇa zum Ursprunge das Wasser, aus dem Wasser aber ist anderseits auch nach der Schrift die Nahrung entstanden (vgl. Chānd. 6, 2, 4.) Wenn also das Manas in den Prāṇa sich auflöst, so löst sich damit die Nahrung in das Wasser auf, denn das Manas ist Nahrung, und der Prāṇa ist Wasser, indem das Umgewandelte von seinem Urstoffe nicht verschieden ist‹. Auf diese Annahme erwidern wir: auch jenes Manas, welches die Funktion der äusseren Sinne in sich aufgenommen hat, löst sich selbst nur seiner Funktion nach auf, und zwar in den Prāṇa, wie sich »wegen des folgenden« Schriftwortes [Chānd. 6, 8, 6: »das Manas in den Prāṇa«] ergiebt. In dieser Weise zeigt nämlich [auch] die Erfahrung, wie bei dem Tiefschlafenden und Ohnmächtigwerdenden (lies: mumurkshos), die Funktion des Prāṇa, deren Wesen in der Belebung (parispanda) besteht, noch fortdauert, während die Funktion des Manas u.s.w. zur Ruhe kommt. Es ist aber nicht möglich, dass das Manas selbst seinem Wesen nach in den Prāṇa eingehe, weil es aus diesem nicht entsprungen ist. – ›Aber wir zeigten ja, dass das Manas aus[716] dem Prāṇa entsprungen sei!‹ – Das hält nicht Stich. Denn wegen eines solchen mittelbaren Entsprungenseins aus ihm kann das Manas nicht in den Prāṇa eingehen; denn sonst müssten auch das Manas in die Nahrung, und die Nahrung in das Wasser, und endlich gar der Prāṇa in das Wasser eingehen. – Auch ist bei jener Behauptung durchaus kein Beweis dafür vorhanden, dass das Manas gerade aus demjenigen Wasser, welches in das Sein des Prāṇa umgewandelt wurde, entstanden sei. Somit kann das Manas nicht seinem Wesen nach in den Prāṇa eingehen. Denn auch wenn es nur seiner | Funktion nach in denselben eingeht, geschieht dem Schriftworte Genüge, welches, wie wir zeigten, hier die Funktion und den Träger der Funktion als eine Einheit behandelt.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 716-717.
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