[411] 24. ›avasthiti-vaiçeshyâd, iti cen, na! abhyupagamâdd; hṛidi hi.‹
›wegen der Bestimmtheit der Lage [des Sandelholzes passe dieser Vergleich nicht], meint ihr? – Nein! weil dies [eine solche Bestimmtheit der Lage auch betreffs der Seele] angenommen wird; denn sie wohnt im Herzen.‹

Man könnte behaupten, der in den Worten: »kein Widerspruch, wie bei dem Sandelholze« (Sûtram 2, 3, 23) enthaltene Vergleich sei unzutreffend, weil das Verglichene und das zu Vergleichende verschieden seien. Stünde nämlich fest, dass die Seele sich an einer bestimmten Stelle des Leibes befände, so möchte der Vergleich mit dem Sandelholze zutreffen. Nun aber ist bei dem Sandelholze die Bestimmtheit der Lage, nämlich das Befinden an einer einzelnen Stelle des Leibes, sowie anderseits das Erfrischen des ganzen Leibes offenbar; von der Seele hingegen ist nur das eine offenbar, dass sie durch den ganzen Leib hin empfindet, nicht aber, dass sie an einer bestimmten Stelle desselben sich befinde. Wollte man darauf verweisen, dass dieses zu erschliessen sei, so ist zu bemerken, dass eine Schlussfolgerung hier nicht statthaft ist; denn der Zweifel[411] darüber, ob die Seele durch den ganzen Leib durch empfindet, weil sie wie der Gefühlssinn den ganzen Leib durchdringt, oder etwa weil sie wie der Raum allgegenwärtig ist, oder | weil sie, obgleich minimal und an einer Stelle des Leibes befindlich, wie das Stückchen Sandelholz sich verhält, – dieser Zweifel kann [auf dem Wege der Schlussfolgerung] nicht beseitigt werden [weil es möglich ist, von derselben Wirkung auf verschiedene Ursachen zurückzuschliessen]. – Hierauf dient zur Antwort, ›dass diese [Einwendung gegen den Vergleich mit dem Sandelholze] nicht gegründet ist; warum? »weil dies abgenommen wird«; es wird nämlich auch von der Seele ebenso wie von dem Sandelholze [in der Schrift] angenommen, dass sie nur an einer Stelle des Körpers weilt und somit einen bestimmten Ort einnimmt. Wie das? Hierauf dient zur Antwort: »denn sie wohnt im Herzen«; denn von der Seele, um die es sich hier handelt, heisst es in den Vedântatexten: »denn im Herzen wohnt diese Seele« (Praçna 3, 6); – »fürwahr dieser Âtman weilt im Herzen« (Chând. 8, 3, 3); – »was ist das für ein Selbst? – es ist unter den Lebensorganen der aus Erkenntnis bestehende, in dem Herzen innerlich leuchtende Geist« (Bṛih. 4, 3, 7.) – Somit sind in der That das Verglichene und das zu Vergleichende hier gleichartig, und daher ist die Bemerkung »kein Widerspruch wie bei dem Sandelholze« (Sûtram 2, 3, 23) allerdings zutref fend.‹

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 411-412.
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