[430] 42. kṛita-prayatna-apekshas tu, vihita-pratishiddha-avaiyarthya-âdibhyaḥ
vielmehr nimmt er Rücksicht auf die vollbrachte Bemühung, weil die Gebote und Verbote nicht zwecklos sein können und aus andern Gründen.

Das Wort »vielmehr« hat den Zweck, das beregte Bedenken abzuweisen; nämlich Gott macht die Seele handeln, jedoch, indem[430] er dabei Rücksicht nimmt auf die von ihr vollbrachte Bemühung im Guten und Bösen; daher die erhobenen Einwürfe nicht zutreffen. Das von den Seelen verübte Gute und Böse ist ungleich; mit Rücksicht darauf verteilt Gott auch die entsprechende Frucht in ungleicher Weise, indem er, wie der Regen, dabei nur die bewirkende Ursache (nimittam) ist. Denn wie im Leben für die mancherlei Büsche und Sträucher, für Reis, Gerste u.s.w., wie sie, jedes aus seinem Samen, der nicht gemeinsam ist, entstehen, die gemeinsame Ursache der Regen ist, indem ohne den Regen die Verschiedenheit derselben an Saft, Blüte, Frucht, Blatt u.s.w. sich nicht entwickeln kann, aber auch nicht ohne den für jede Art besonderen Samen, – so verteilt Gott, indem er auf die vollbrachte Bemühung der Seelen Rücksicht nimmt, das Gute und Schlimme (çubha-açubham) unter dieselben. – ›Aber kann diese Rücksichtnahme auf die vollbrachte Bemühung der Seele mit der Abhängigkeit alles Thäterseins von Gott zusammen bestehen?‹ – Allerdings! denn obgleich das Thätersein von Gott abhängig ist, so handelt (karoti) doch nur die Seele, während Gott sie, indem sie handelt, handeln macht (kârayati); und wie er sie jetzt handeln macht mit Rücksicht auf die vormalige Bemühung, so machte er sie vormals handeln mit Rücksicht auf eine noch frühere Bemühung; | denn weil der Saṃsâra ohne Anfang ist, lässt sich hiergegen nichts einwenden. – ›Aber woraus erkennen wir denn, dass Gott auf die vollbrachte Bemühung Rücksicht nimmt?‹ – Hierauf dient zur Antwort: »weil die Gebote und Verbote nicht zwecklos sein können und aus andern Gründen«. Nämlich wenn es z.B. heisst: »es opfere wer nach dem Himmel begehrt« oder: »einen Brahmanen soll man nicht töten«, so können derartige Gebote und Verbote nicht zwecklos sein; in jedem andern Falle aber würden sie zwecklos sein, und nur Gott selbst würde durch die Gebote und Verbote verbindlich gemacht werden, wenn die Seele schlechthin von ihm abhängig wäre. Auch könnte er dann [ebenso gut wie umgekehrt] den Vollbringer der Gebote mit Unglück und den Vollbringer der Verbote mit Glück bedenken, und damit würde die Autorität des Veda hinfällig werden. Ja, wenn Gott ganz ohne jene Rücksichtnahme verführe, so würde sogar die weltliche Thätigkeit des Menschen zwecklos sein. Und ebenso würde der früher besprochene Fehler eintreten, dass Ort, Zeit und Ursache [nicht in Betracht kämen und somit alles aus allem entstehen könnte; vgl. p. 671, 4, Seite 423]. – Diese und andere Einwürfe sind unter den »andern Gründen«, welche das Sûtram andeutet, zu verstehen.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 430-431.
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