[392] 8. etena mātariēvā vyākhyātaḥ
damit ist Mātariēvan besprochen.

Wir haben hier einen Erweiterungssatz (atideēa): »damit«, d.h. mit der Besprechung des Raumes, ist auch der durch den Raum bedingte »Mātariēvan«, d.h. der Wind, »besprochen« worden. Auch hier kann man in entsprechender Weise wie oben die widerstreitenden Meinungen einander gegenüberstellen. Die eine Meinung also ist: ›der Wind ist nicht entstanden, weil er in der Chāndogyastelle, welche von der Entstehung der Elemente handelt, nicht erwähnt wird‹. Hingegen behauptet die andere Meinung, dass er ›doch entstanden ist, weil er in der Taittirīyastelle von der Schöpfung der Elemente erwähnt wird, indem es heisst: »aus dem Raume | der Wind« (Taitt. 2, 1.) Da somit ein Widerspruch der beiden Schriftstellen vorliegt, so liesse sich die Stelle von der Entstehung des Windes »uneigentlich« auffassen; dieses empfiehlt sich weiter auch »wegen der Unmöglichkeit«; wobei die Unmöglichkeit [der Entstehung des Windes] sich erweisen liesse durch die Stelle: »das ist die Gottheit, welche keinen Niedergang hat, der Wind« (Bṛih. 1, 5, 22), in welcher der Untergang des Windes verneint wird; wozu noch kommt, dass die Schrift (Bṛih. 2, 3, 3) seine Unsterblichkeit lehrt.‹ – Hingegen lautet die endgültige Meinung: der Wind ist entstanden, weil sonst die Verheissung der Schrift [dass mit einem alles erkannt sei] unerfüllt bleiben würde, und weil das Erschaffene sich so weit erstreckt wie das Teilbare. Die Stelle (Bṛih. 1, 5, 22), welche ein Untergehen des Windes verneint, gehört nicht zu der höheren Wissenschaft und hat nur relative Gültigkeit, indem darin dem Winde nur ein solches Untergehen, wie es beim Feuer u.s.w. statthat, abgesprochen wird. Und auch die Schriftstelle von der Unsterblichkeit des Windes (Bṛih. 2, 3, 3) hat bereits [durch das p. 624, 6, S. 391 Gesagte] ihre Erledigung gefunden [lies: kṛita-pratividhānam]. – ›Aber da der Wind und der Raum in gleicher Weise in den Schriftstellen von der Schöpfung erwähnt und anderseits übergangen werden, so sollte doch beides in demselben Adhikaraṇam abgehandelt werden. Wozu also ein Erweiterungssatz, wo doch[392] nichts Neues vorliegt?‹ – Hierauf erwidern wir, dass das ganz richtig ist, dass aber gleichwohl, um der schwächeren Gemüter willen, und um ihre durch buchstäbliche Auffassung etwa veranlassten Zweifel zu beseitigen, dieser Erweiterungssatz | zugefügt wurde. Weil nämlich in der Lehre von der Ansichraffung (Chānd. 4, 1-3) der Wind als Gegenstand der Verehrung in seiner Hoheit gepriesen wird, weil (Bṛih. 1, 5, 22) das Untergehen von ihm verneint wird u.s.w., deswegen könnte vielleicht jemand auf den Gedanken kommen, dass der Wind unentstanden wäre; dies ist die Meinung [des Sūtram].

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 392-393.
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