[303] 26. kṛitsna-prasaktir, niravayavatva-ēabda-kopo vā
[Umwandlung] des ganzen tritt ein, oder Erschütterung des Schriftwortes von der Gliederlosigkeit.

Wir haben bewiesen, dass das geistige, eine, zweitlose Brahman, so wie die Milch u.s.w. und so wie die Götter u.s.w., ohne Benutzung eines äusseren Hülfsmittels durch Umwandlung seiner selbst die Welt hervorbringt. Um jedoch den Inhalt der Schriftlehre noch mehr ins Klare zu setzen, bringt der Lehrer einen neuen Einwurf zur Sprache, welcher lautet: ›»[Umwandlung] des Ganzen tritt ein«, d.h. jenes ganze Brahman müsste von der Umwandlung in die Gestalt der Wirkung betroffen werden, weil dasselbe gliederlos ist. Hätte das Brahman Teile, wie z.B.[303] die Erde und anderes, so könnte sich ein Teil desselben verwandeln, während der andere Teil fortbestünde; nun aber ist das Brahman ohne Teile, denn die Schrift sagt (Ēvet. 6, 19):


»Ohne Teile ohne Werke,

Ruhig ohne Fleck und Makel«;


und (Muṇḍ. 2, 1, 2):


»Denn göttlich ist der Geist, der ungestaltete,

Der draussen ist und drinnen, ungeboren« –


| sowie auch: »dieses Grosse, endlose, uferlose, aus lauter Erkenntnis bestehende Wesen« (Bṛih. 2, 4, 12); – »er aber, der Ātman, ist nicht so und ist nicht so« (Bṛih. 3, 9, 26); – »er ist nicht grob und nicht fein« (Bṛih. 3, 8, 8); – diese und andere Schriftstellen sprechen dem Brahman alle Unterschiede ab. Da es somit sich nicht bloss einem Teile nach umwandeln kann, so würde anzunehmen sein, dass es sich ganz umwandelte, und damit würde seine Wurzel ausgerottet werden. Auch wäre in diesem Falle die Aufforderung, dass man das Brahman schauen solle (Bṛih. 2, 4, 5), überflüssig, da es ja als die Weltwirkung ohne weiteres sichtbar vorläge, ein über dasselbe hinausreichendes Brahman aber nicht vorhanden wäre. Ebenso würden auch die Schriftworte von seiner Ungeborenheit (Muṇḍ. 2, 1, 2) u.s.w. erschüttert werden. Oder soll man etwa, um diesen Einwürfen zu entgehen, annehmen, dass das Brahman in Teile gegliedert sei? Auch dann würden diejenigen angeführten Schriftworte, welche seine Ungegliedertheit lehren, eine Erschütterung erleiden. Auch würde aus seiner Gegliedertheit folgen, dass dasselbe nicht ewig wäre; so dass sich die letztere Annahme in jedem Sinne als unhaltbar zeigt.‹ – So lautet der Einwurf.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 303-304.
Lizenz:
Kategorien: