[308] 31. vikaraṇatvān na! iti cet? tad uktam
weil er keine Organe habe, nicht, meint ihr? Darüber ist gesprochen.

[308] ›Schon recht; aber die Schrift lehrt doch, dass die höchste Gottheit ohne Organe sei, »ohne Auge und ohne Ohr, ohne Rede, ohne Verstand«, wie es heisst (Bṛih. 3, 8, 8); wie kann nun eine solche, trotz ihrer Verbindung mit allen Kräften, eine Wirkung erzeugen? Denn auch die Götter u.s.w., welche geistig und mit allerlei Kräften versehen sind, vermögen doch bekanntlich nur zufolge ihrer persönlichen Ausrüstung mit Organen des Wirkens diese oder jene Wirkung zu vollbringen (lies: prabhavanto vijńāyante.) Wie kann ferner bei der höchsten Gottheit, welcher durch die Worte »er ist nicht so und ist nicht so« (Bṛih. 2, 3, 6) alle Unterschiede abgesprochen werden, eine Verbindung mit allerlei Kräften möglich sein?‹ – Was darauf | zu erwidern wäre, das ist schon oben gesagt worden. Nur durch die Schrift nämlich lässt sich dieses überaus tiefe höchste Brahman ergründen, nicht ist es zu ergründen durch die Reflexion; auch ist es nicht eben notwendig, dass nur das, was bei einer Sache als möglich sich ergiebt, es auch bei einer andern sei. Dass aber das Brahman, trotz der Ausschliessung aller Unterschiede an ihm, mit allerlei Kräften verbunden sein kann, erklärt sich dadurch, dass, wie wir schon hervorhoben, die Vielheit der Gestalten auf dem Nichtwissen beruht. Und so sagt auch die Schrift (Ēvet. 3, 19):


»Ohn' Hände greift es, ohne Füsse läuft es,

Ohn' Augen sieht es, ohne Ohren hört es«,


womit sie zeigt, dass das Brahman, obgleich organlos, doch mit allerlei Fähigkeiten verbunden ist.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 308-309.
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