[458] 12. pañca-vṛittir mano-vad vyapadiçyate
als fünf Funktionen habend, wie das Manas, wird er dargelegt.

Auch daran ersieht man, dass der Mukhya Prâṇa seine besondere Wirkung ausübt, weil er als fünf Funktionen habend dargelegt wird in Schriftstellen wie: »er ist Aushauch, Einhauch, Zwischenhauch, Aufhauch und | Allhauch« (Bṛih. 1, 5, 3); diese Verschiedenheit der Funktionen bezieht sich auf eine Verschiedenheit der[458] Wirkungen; der Aushauch (prâṇa) wirkt nach aussen und bewirkt das Ausatmen; der Einhauch (apâna) wirkt nach innen und bewirkt das Einatmen u.s.w.; der Zwischenhauch (vyâna) besteht in einer Verbindung dieser beiden und bewirkt die Kraftanstrengungen; der Aufhauch (udâna) wirkt nach oben und ist die Ursache des Auszuges u.s.w. [der Seele]; der Allhauch (samâna) endlich befindet sich gleichmässig in allen Gliedern als der, welcher die Speisesäfte ihnen zuführt. So besteht der Prâṇa in fünf Funktionen »wie das Manas«; d.h. wie das Manas fünf Funktionen hat so hat sie auch der Prâṇa. Die fünf Funktionen des Manas sind die, welche durch das Ohr u.s.w. erregt werden und den Ton u.s.w. als Objekt haben. Man kann nicht wohl an diejenigen denken, welche in der Stelle: »Verlangen, Entscheidung« u.s.w. (Bṛih. 1, 5, 3) erwähnt werden, weil deren mehr als fünf sind. Aber sind nicht auch in jenem andern Falle mehr als fünf, da dem Manas unabhängig von dem Hören u.s.w. noch eine besondere Funktion zukommt, deren Objekt das Vergangene, Zukünftige u.s.w. ist? Unter diesen Umständen mag man nach der Regel, dass eine gegnerische Meinung, wofern sie nicht widerspricht, zulässig ist, auch hier diejenigen fünf Funktionen des Manas verstehen, welche in dem Lehrbuche des Yoga angesetzt werden, nämlich: »Erkenntnis, Irrtum, Einbildung, Schlaf und Gedächtnis« (Yoga-Sûtra 1, 6.) Oder endlich man kann annehmen, dass das Manas nur darum mit dem Prâṇa verglichen wird, weil er wie dieses mehrere Funktionen hat. Auch könnte man es so auffassen, dass der Prâṇa vermöge seiner fünf Funktionen, so »wie das Manas«, der individuellen Seele als Hülfsmittel dient.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 458-459.
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