[325] 9. anyathâ-anumitau ca, jña-çakti-viyogât
auch wenn man anders argumentiert, wegen Trennung von der Erkenner-Kraft.

[325] ›Nun wohl, so wollen wir anders argumentieren, so dass der eben gerügte Fehler vermieden wird. Denn die Guṇa's, welche wir annehmen, sind nicht [wie das Brahman] absoluter Natur und [über allen Zweifel] erhaben, | weil es für uns keine [unbedingte] Autorität [wie die Schrift eine ist] giebt; vielmehr nehmen wir die Beschaffenheit der Guṇa's so an, wie ihre Wirkungen es erfordern; und in welcher Weise nur immer das Hervorgehen der Wirkungen aus ihnen erklärlich wird, dieser Weise entsprechend haben wir die Natur derselben anzunehmen. Da nun die übliche Theorie ohnehin schon dahin geht, dass das Verhalten der Guṇa's ein wechselndes ist, so brauchen wir nur anzunehmen, dass auch in ihrem Gleichmässigkeitszustande die Guṇa's für den Eintritt der Ungleichmässigkeit empfänglich bleiben.‹ – Aber auch so werden »wegen Trennung« der Urmaterie »von der Erkenner-Kraft« die vorbemerkten Einwendungen von der Unmöglichkeit der Weltordnung u.s.w. eben wohl ihre Stelle behaupten. Nimmt man aber durch Argumentation auch noch die Erkenner-Kraft an, nun dann hört allerdings das Widersprechen auf. Dann haben wir eine geistige Einheit als die materielle Ursache der Weltausbreitung, und damit haben wir die Brahmanlehre. – Übrigens gesetzt auch, die Guṇa's blieben [wie oben vorgeschlagen wurde] in dem Gleichmässigkeitszustande für den Eintritt der Ungleichmässigkeit empfänglich, so können sie doch dieser Ungleichmässigkeit nicht teilhaft werden, so lange keine Ursache dazu vorhanden ist. Oder sollen sie [auch ohne weitere Ursache] der Ungleichmässigkeit teilhaft werden können, nun dann müssen sie, da der Mangel der Ursache beide Male der gleiche ist, der Ungleichmässigkeit immer und überall teilhaft werden können; damit aber würde der eben gerügte Fehler sich einstellen [dass, da dann alles aus allem entstehen könnte, die Zweckmässigkeit der Weltordnung unerklärlich sein würde].

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 325-326.
Lizenz:
Kategorien: