[351] 24. âkâçe ca, aviçeshât
auch beim Raume, weil er ebenso gut [ein Seiendes ist].

Von den drei seitens der Buddhisten nicht als real ersichtlich angenommenen Stücken, den zwei Vernichtungen und dem Raume,[351] haben wir die Nichtalsrealersichtlichkeit der zwei Vernichtungen vorher abgewiesen, es bleibt noch die des Raumes abzuweisen. Die Annahme also, dass der Raum nicht als real ersichtlich sei, ist eine ungereimte, weil man bei ihm »ebenso gut« wie bei der bewussten und unbewussten Vernichtung die Substanzialität erkennt; zunächst aus dem Zeugnisse der Schrift, wenn sie sagt: »aus dem Âtman ist der Âkâça (Raum) entstanden« (Taitt. 2, 1); hieraus ergiebt sich, dass auch der Raum substanziell ist. Aber auch wer [wie die Buddhisten] das Schriftzeugnis nicht gelten lässt, dem kann man entgegenhalten, dass der Raum aus der Qualität des Schalles gefolgert werden muss, da, wie die Erfahrung zeigt, jede Qualität, z.B. der Geruch, | eine Substanz, z.B. die Erde, als ihren Träger hat. – Ferner, wenn der Gegner den Raum als die blosse »Abwesenheit von Hemmungen« definiert, so würde daraus folgen, dass da, wo ein Vogel fliegt, mithin eine Hemmung vorhanden ist, [kein Raum sein würde und folglich] für einen andern Vogel, der hinter ihm herflöge, kein Platz sein würde. Behauptest du, dass er da fliegen könne, wo eine Abwesenheit von Hemmungen sei, so ist zu erwidern, dass dasjenige, wodurch die Abwesenheit der Hemmungen bedingt ist, dieses Substanzielle eben der Raum ist, nicht aber die blosse Abwesenheit der Hemmungen. Übrigens verstrickt sich der Sugata, wenn er den Raum für die blosse Abwesenheit von Hemmungen erklärt, in einen Widerspruch mit seinen eigenen Annahmen. Denn in dem Lehrbuche der Sugata's1 heisst es: »worauf, o Ehrwürdiger, stützt sich die Erde?« und im weiteren Verlaufe der Fragen und Antworten über die Erde u.s.w. heisst es zum Schlusse: »worauf stützt sich der Wind?« und als Antwort auf diese Frage: »der Wind stützt sich auf den Âkâça (Raum)«. Dieses ist nur dann berechtigt, wenn der Raum eine Substanz ist; auch darum also ist es ungereimt zu behaupten, dass der Raum keine Substanz sei. – Ferner, wenn die Dreiheit, bestehend aus den zwei Vernichtungen und dem Raume, nicht als real ersichtlich und wesenlos und dabei doch ewig sein soll, so liegt hierin ein Widerspruch; denn was wesenlos ist, das kann weder ewig noch unewig sein. Denn nur unter Voraussetzung einer Substanz kann von Qualitäten und einem Träger derselben die Rede sein. Denn wo Qualitäten und [somit] ein Träger derselben vorliegt, da ist, wie z.B. bei einem Topfe u. dgl., eben Substanzialität, nicht aber jene »Nicht-als-real-Erkennbarkeit« vorhanden.

1

Vgl. Abhidharma-koça-vyâkhyâ bei M. Müller, Upanishads II, p. LII: pṛithivî, bho Gautama, kutra pratishṭhitâ? – Pṛithivî, brâhmaṇa, ab-maṇḍale pratishṭhitâ. – Ab-maṇḍalam, bho Gautama, kva pratishṭhitam? – Vâyau pratishṭhitam. – Vâyur, bho Gautama, kva pratishṭhitaḥ? – Âkâçe pratishṭhitaḥ.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 351-352.
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