Um 480 n. Chr. wurde Anicius Manlius Torquatus Severinus Boethius in Rom geboren. Er stammte aus einer der großen alten Senatorenfamilien. Mit kaum dreißig Jahren ernannte ihn der Ostgotenkönig Theoderich seiner ersten Schriften wegen zum Konsul. Später wurde er »Magister officiorum«, höchster Verwaltungsbeamter am weströmischen Hof. Der byzantinische Kaiser sah in ihm eine Schlüsselfigur seiner Interessen.
Diese politische Rolle stand mit den ihn eigentlich interessierenden philosophischen Fragen in Zusammenhang. Boethius stellte sich in die Nachfolge Ciceros und wollte wie dieser das griechische Geisteserbe an eine inzwischen römisch geprägte Welt überliefern und dadurch bewahren. Er übersetzte oder kommentierte logische Schriften: »Kategorien«, »De interpretatione« des Aristoteles, die »Eisagoge« des Porphyr, die »Topik« Ciceros. Auch verfaßte er zwei Abhandlungen über Musik und Arithmetik und theologische Traktate, außerdem »De consolatione philosophiae« (Trost der Philosophie). Dabei verstand er sich stets als Christen und war von neuplatonischen Strömungen geprägt.
Die politische Rolle wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Aus nicht genau geklärten Gründen ließ Theoderich ihn verhaften, nach Pavia deportieren und dort um 524 nach längerem Arrest hinrichten.
G. Schrimpf, Die Axiomenschrift des Boethius (De Hebdomadibus) als philosophisches Lehrbuch des Mittelalters, Leiden 1966.
P. Huber, Die Vereinbarkeit von göttlicher Vorsehung und menschlicher Freiheit in der »Consolatio philosophiae« des Boethius, Zürich 1976.