III.-VI. Physikalische Schriften

[57] 4c. [III 2] KLEINE WELTORDNUNG.

5. [D. berichtet, er habe diese Schrift 730 Jahre nach Troias Eroberung verfaßt. Er sei jung gewesen, als Anaxagoras bereits bejahrt war. Dessen Ansichten über Sonne und Mond seien alt, er habe sie sich von früheren Philosophen angeeignet. Namentlich verspottet er seine Weltordnung und Lehre vom Geiste. Denn er war Anaxagoras feindlich gesinnt, weil er keine Aufnahme bei ihm gefunden hatte.]

[58] 5i. [V 3] ÜBER DIE FORMVERSCHIEDENHEIT [DER ATOME] oder ÜBER DIE GESTALTEN.

6. Der Mensch soll aus dieser Regel erkennen, daß er fern ist von der Wirklichkeit.

7. Auch diese Darlegung zeigt ja, daß wir von nichts etwas wirklich wissen, sondern Zustrom [der Wahrnehmungsbilder] ist jeglichem sein Meinen.

8. Und doch wird es klar werden, daß es seine Schwierigkeit hat zu erkennen, wie jedes Ding wirklich beschaffen ist.

8b. [VI 1] BEWÄHRUNGEN.

[59] 9. Wir nehmen aber in Wirklichkeit nichts untrügliches wahr, sondern nur was nach der [jeweiligen] Verfassung unseres Körpers und der ihm zuströmenden oder entgegenwirkenden [Einflüsse] sich wandelt.

10. Daß wir nun, wie jedes Ding in Wahrheit beschaffen, oder nicht beschaffen ist, nicht wahrnehmen können, ist oft dargelegt worden.

10b. [VI 3] ÜBER LOGIK oder DENKREGELN.

[60] 11. Es gibt zwei Formen der Erkenntnis, die echte und die unechte. Zur unechten gehören folgende allesamt: Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, Gefühl. Die andere [Form] aber ist die echte, die von jener jedoch völlig geschieden ist. [Im Folgenden setzt er den Vorrang der echten vor der unechten Erkenntnis auseinander und fügt die Worte hinzu:] Wenn die unechte nicht mehr ins Kleinere sehen oder hören oder riechen oder schmecken oder tasten kann, sondern [die Untersuchung] ins Feinere [geführt werden muß, dann tritt an ihre Stelle die echte, die ein feineres Denkorgan besitzt].


Quelle:
Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch von Hermann Diels. 2. Band, Berlin 41922, S. 57-62.
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