[115] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, am Geierkulm, im Gebirge.
Da begab sich denn Māgho, ein junger Brāhmane, dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Māgho der junge Brāhmane zum Erhabenen also:
»Ich bin ja, o Gotamo, ein Gabenspender, Gabenherr, freigebig, schenke gern. Auf rechte Weise erwerbe ich Reichtum; und hab' ich auf rechte Weise Reichtum erworben, so geb' ich von dem recht erworbenen Reichtum, von dem recht gewonnenen, an Einen dahin, an Zwei dahin, an Drei dahin, an Vier dahin, an Fünf dahin, an Sechs, an Sieben, an Acht, an Neun, an Zehn dahin, an Zwanzig, an Dreißig, an Vierzig, an Fünfzig dahin, an Hundert dahin und an mehr dahin. Vielleicht wohl, o Gotamo, mag ich durch solche Gabe und solches Opfer manches Verdienst erwerben.«2
»Gewiß magst du, Brāhmane, durch solche Gabe und solches Opfer manches Verdienst erwerben. Wer da, Brāhmane, ein Gabenspender, Gabenherr, freigebig ist, gern schenkt, auf rechte Weise Reichtum erwirbt; und hat er auf rechte Weise Reichtum erworben, von dem recht erworbenen Reichtum, von dem recht gewonnenen, an Einen dahingibt, an Zwei dahingibt, an Drei dahingibt, an Vier dahingibt, an Fünf dahingibt, an Sechs, an Sieben, an Acht, an Neun, an Zehn dahingibt, an Zwanzig, an Dreißig, an Vierzig, an Fünfzig dahingibt, an Hundert dahingibt und an mehr dahingibt: manches Verdienst mag der erwerben.«
Da wandte sich denn Māgho der junge Brāhmane an den Erhabenen mit einem Spruche:
Befrag' ich wohl dich, Gotamo, der gern gibt,
Im fahlen Mantel hausentgangen hinzieht:
Wer willig schenkt, als Gabeherr daheim bleibt,
Verdienstlich opfern will, Verdienst erhoffend,
Mit Speis' und Trank zum Nächsten hier herantritt,
Wie mag das Opfer solchem Spender frommen?
[116] Der Herr:
488
Wer willig schenkt, als Gabeherr daheim bleibt,
Verdienstlich opfern will, Verdienst erhoffend,
Mit Speis' und Trank zum Nächsten hier herantritt:
Vertraulich mag er Gabewerten werden.
Māgho:
489
Wer willig schenkt, als Gabeherr daheim bleibt,
Verdienstlich opfern will, Verdienst erhoffend,
Mit Speis' und Trank zum Nächsten hier herantritt:
Sag' an, Erhabner, wer da Gabe wert sei.
Der Herr:
Unangelegen die der Welt entwandern,
Entwesen sind, alleigen, selbstgewaltig:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
491
Das ganze Fesselnetzwerk, trennen sie es durch,
Und sind besänftigt, ledig, ohne Weh' und Wunsch:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen.
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
492
Von jeder Fessel wo sie frei sich lösen ab,
Und sind besänftigt, ledig, ohne Weh' und Wunsch:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
493
Von Gier und Haß und Irrsal abgeschieden,
Als Wahnversieger heilig an das Ziel gelangt:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
[117] 494
In wem kein Gleißen haust, kein Dünken nistet,
Wer suchtgenesen, ohne Eigen, Anspruch,
Als Wahnversieger heilig an das Ziel gelangt:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
495
Von keinem Dürsten wieder überwältigt,
Wer flutentronnen ohne Habe hinzieht:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
Wem Durst an keiner Stätte mehr entstehn kann,
Nach Dasein oder Nichtsein, hüben, drüben:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
497
Der Wünsche ledig wandern Unbehauste,
In sich beschlossen, Schwachen gleich wie Starken:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
Wer gierentgangen sich erzeugte Sinngewalt,
Gleichwie der Mond aus Rāhus Rachen wiederkehrt:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
499
Vollender, gierentgangen, unerregbar,
Die keine Hinkunft wissen, hingeschieden:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
[118] 500
Geburt und Grab entronnen ohne Rückkehr,
Jedweder Frageworte frei geworden:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
Als eigne Leuchte die der Welt entwandern,
Entwesen, ledig überall dahinziehn:
Beizeiten mag er Diesen Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
Wer da verstanden wie aus Diesem Jenes wird,
›Zum letzten Male, nimmer gibt es Wiederkehr‹:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
503
Der Weisheit Ende schausam wer ersonnen,
Erwirkt Erwachung, viele hat errettet:
Beizeiten mag er Dem die Gabe reichen,
Will um Verdienst ein Priester Opfer bringen.
Māgho:
504
Ja freilich, Antwort hab' ich nicht umsonst erfragt:
Verkündet hat der Herr, wer Gabe wert sei;
Du hast verstanden wie aus Diesem Jenes wird,
Und also ausgefunden solche Satzung. –
505
Wer willig schenkt, als Gabeherr daheim bleibt,
Verdienstlich opfern will, Verdienst erhoffend,
Mit Speis' und Trank zum Nächsten hier herantritt:
Sag' an, Erhabner, wie da Opfer lohnen mag.
[119] Der Herr:
506
Magst Opfer bringend opfern, Māgho, wohl,
Dein Herz nach jeder Seite hin erheitern:
Wer Opfer bringt, ihm sei das Opfer Anhalt,
Auf solcher Stütze abzustoßen Makel.
Der Gier entgangen wer den Makel meidet,
Erbarmen übt im Herzen unermeßlich,
Bei Tag und Nacht und immerdar behütet:
Er strahlt nach allen Orten unbegrenzbar.
Māgho:
Wer lauter wird, erlöst ist, wer gefesselt,
Und wie man sich zur Brahmawelt bereitet:
Der nichts ich weiß, o Mönch, vertrau' mir Kunde!
O Herr, erschienen Brahmā seh' ich heute mir,
Denn Brahmā gleichgeartet bist du wahrlich ja!
Wer kann zur Brahmawelt empor es bringen?
Der Herr:
509
Man opfert: also reift ein reicher Opferlohn,
Vertraulich mag man Gabewerten werden;
Wer also opfert, alles gern dahingibt,
Ihn heiß' ich in die Brahmawelt emporgebracht.
Also belehrt wandte sich Māgho der junge Brāhmane an den Erhabenen mit den Worten:
»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«
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