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[677] 290
Wenn kleinen Glückes Aufgebung
Ein großes Glück als Ziel verspricht,
Lass' fahren, Weiser, kleines Glück,
Nach großem Glücke strebt dein Sinn.
291
Wer andern Wesen Wehe wirkt
Zum Zwecke seines eignen Wohls,
Versenkt in Wütens wilden Wahn,
Wird er vom Wüten nicht erlöst.
292
Was da zu tun ist tun sie nicht,
Was nicht zu tun ist tun sie nur:
Das aufgeblähte, blöde Volk,
Dem Wahne fällt es blind anheim.
293
Doch wer da stetig ist und stark,
Des Leibes Elend innig merkt,
Der meidet was zu meiden ist,
Vollbringt was da vollbracht sein will:
Dem Denker, der die Dinge kennt,
Vergeht alsbald was Wähnen war.
Wer Mutter, Vater umgebracht,
Wer Khattiyo-Königsmörder ist,
Wer Land und Volk vernichtet hat:
Schuldlos steht da ein Heiliger.
[678] 295
Wer Mutter, Vater umgebracht,
Wer Brahmā-Königsmörder ist,
Ja, wer gemordet einen Mönch:
Schuldlos steht da ein Heiliger.
296
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht mit treuem Sinn
Gedenken des erwachten Herrn.
297
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht mit treuem Sinn
Gedenken seiner Heilslehre.
298
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht mit treuem Sinn
Gedenken seiner Heilsordnung.
299
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht mit treuem Sinn
Das Elend dieses Körpers sehn.
300
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht beseligt sind
Durch Sanftmut, Güte und Geduld.
301
Wohl aufgewacht sind wachsam stets
Die Jünger Buddho Gotamos,
Die Tag und Nacht beseligt sind
Durch heil'ges Selbstvertiefungsglück.
[679] 302
Schwer ist es Eremit zu sein,
Schwer findet man daran Geschmack;
Schwer lebt man in der Häuslichkeit,
Schwer lastet Sorgenpein auf uns;
Schwer lebt man mit den Heimischen,
Schwer lebt, wer in die Fremde zieht;
Wohlan denn: wandre nimmermehr
Und läutre dich von allem Leid.
303
Ein treuer Mönch, im Wandel fest,
Ist reich an Habe, reich an Ruhm:
Sei er nun da, sei er nun dort,
Wohin er kommt, wird er verehrt.
304
Von ferne sieht man Edle schon,
Wie das Himālayo-Gebirg;
Doch die Gemeinen schwinden rasch,
Wie nächtlich abgeschoßner Pfeil.
305
Allein sitzend, allein schlafend,
Allein wandelnd entschloßnen Muts,
Allein zähmend das eigne Selbst,
Verweile froh im Waldesgrund.
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