b. Vertrag
§ 493

[308] Die zwei Willen und deren Übereinkunft im Vertrage sind als Innerliches verschieden von dessen Realisierung, der Leistung. Die relativ-ideelle Äußerung in der Stipulation enthält das wirkliche Aufgeben eines Eigentums von dem einen, den Übergang und die Aufnahme in den anderen Willen. Der Vertrag ist an und für sich gültig und wird es nicht erst durch die Leistung des einen oder des anderen, was einen unendlichen Regreß oder unendliche Teilung der Sache, der Arbeit und der Zeit in sich schlösse. Die Äußerung in der Stipulation ist vollständig und erschöpfend. Die Innerlichkeit des das Eigentum aufgebenden und des dasselbe aufnehmenden Willens ist im Reiche des Vorstellens, und das Wort ist in diesem Tat und Sache (§ 462), und [zwar] die vollgültige Tat, da der Wille hier nicht als moralischer (ob es ernstlich oder betrügerisch gemeint sei) in Betracht kommt, vielmehr nur Wille über eine äußerliche Sache ist.


§ 494

Wie in der Stipulation sich das Substantielle des Vertrags von der Leistung als der reellen Äußerung, die zur Folge herabgesetzt ist, unterscheidet, so wird damit an die Sache oder Leistung der Unterschied der unmittelbaren spezifischen Beschaffenheit derselben von dem Substantiellen derselben, dem Werte, gesetzt, in welchem jenes Qualitative sich in quantitative Bestimmtheit verändert; ein Eigentum wird so vergleichbar mit einem anderen und kann qualitativ ganz Heterogenem gleichgesetzt werden. So wird es überhaupt als abstrakte, allgemeine Sache gesetzt.


§ 495

Der Vertrag, als eine aus der Willkür entstandene Übereinkunft und über eine zufällige Sache, enthält zugleich das Gesetztsein des akzidentellen Willens; dieser ist dem Rechte[308] ebensowohl auch nicht angemessen und bringt so Unrecht hervor, wodurch aber das Recht, welches an und für sich ist, nicht aufgehoben wird, sondern nur ein Verhältnis des Rechts zum Unrecht entsteht.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 10, Frankfurt a. M. 1979, S. 308-309.
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