Einteilung

§ 33

[87] Nach dem Stufengange der Entwicklung der Idee des an und für sich freien Willens ist der Wille

A. unmittelbar; sein Begriff daher abstrakt, die Persönlichkeit, und sein Dasein eine unmittelbare äußerliche Sache; – die Sphäre des abstrakten oder formellen Rechts;

B. der Wille aus dem äußeren Dasein in sich reflektiert, als subjektive Einzelheit bestimmt gegen das Allgemeine, – dasselbe, teils als Inneres, das Gute, teils als Äußeres, eine vorhandene Welt, und diese beiden Seiten der Idee als nur durch einander vermittelt; die Idee in ihrer Entzweiung oder besonderen Existenz, das Recht des subjektiven Willens im Verhältnis zum Recht der Welt und zum Recht der, aber nur an sich seienden, Idee; – die Sphäre der Moralität;

C. die Einheit und Wahrheit dieser beiden abstrakten Momente, – die gedachte Idee des Guten realisiert in dem in sich reflektierten Willen und in äußerlicher Welt; – so daß die Freiheit als die Substanz ebensosehr als Wirklichkeit und Notwendigkeit existiert wie als subjektiver Wille; – die Idee in ihrer an und für sich allgemeinen Existenz; die Sittlichkeit.

Die sittliche Substanz aber ist gleichfalls

a) natürlicher Geist; – die Familie,

b) in ihrer Entzweiung und Erscheinung; – die bürgerliche Gesellschaft,[87]

c) der Staat, als die in der freien Selbständigkeit des besonderen Willens ebenso allgemeine und objektive Freiheit; – welcher wirkliche und organische Geist α) eines Volks sich β) durch das Verhältnis der besonderen Volksgeister hindurch γ) in der Weltgeschichte zum allgemeinen Weltgeiste wirklich wird und offenbart, dessen Recht das höchste ist.

Daß eine Sache oder Inhalt, der erst seinem Begriffe nach, oder wie er an sich ist, gesetzt ist, die Gestalt der Unmittelbarkeit oder des Seins hat, ist aus der spekulativen Logik vorausgesetzt; ein anderes ist der Begriff, der in der Form des Begriffs für sich ist; dieser ist nicht mehr ein Unmittelbares. – Gleicherweise ist das die Einteilung bestimmende Prinzip vorausgesetzt. Die Einteilung kann auch als eine historische Vorausangabe der Teile angesehen werden, denn die verschiedenen Stufen müssen als Entwicklungsmomente der Idee sich aus der Natur des Inhalts selbst hervorbringen. Eine philosophische Einteilung ist überhaupt nicht eine äußerliche, nach irgendeinem oder mehreren aufgenommenen Einteilungsgründen gemachte äußere Klassifizierung eines vorhandenen Stoffes, sondern das immanente Unterscheidendes Begriffes selbst. – Moralität und Sittlichkeit, die gewöhnlich etwa als gleichbedeutend gelten, sind hier in wesentlich verschiedenem Sinne genommen. Inzwischen scheint auch die Vorstellung sie zu unterscheiden; der Kantische Sprachgebrauch bedient sich vorzugsweise des Ausdrucks Moralität, wie denn die praktischen Prinzipien dieser Philosophie sich durchaus auf diesen Begriff beschränken, den Standpunkt der Sittlichkeit sogar unmöglich machen, ja selbst sie ausdrücklich zernichten und empören. Wenn aber Moralität und Sittlichkeit ihrer Etymologie nach auch gleichbedeutend wären, so hinderte dies nicht, diese einmal verschiedenen Worte für verschiedene Begriffe zu benutzen.[88]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 7, Frankfurt a. M. 1979, S. 87-89,92.
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