a. Verbindung zweier Maße

[414] Etwas ist in sich als Maßverhältnis von Quantis bestimmt, welchen ferner Qualitäten zukommen, und das Etwas ist die Beziehung von diesen Qualitäten. Die eine ist dessen Insichsein, wonach es ein Fürsichseiendes – Materielles – ist (wie, intensiv genommen, das Gewicht, oder extensiv, die Menge, aber von materiellen Teilen); die andere aber ist die Äußerlichkeit dieses Insichseins (das Abstrakte, Ideelle, der Raum). Diese Qualitäten sind quantitativ bestimmt, und das Verhältnis derselben zueinander macht die qualitative Natur des materiellen Etwas aus, – das Verhältnis des Gewichts zum Volumen die bestimmte spezifische Schwere. Das Volumen, das Ideelle, ist als die Einheit anzunehmen, das Intensive aber, das in quantitativer Bestimmtheit und in der Vergleichung mit jenem als extensive Größe, Menge von fürsichseienden Eins erscheint, als die Anzahl. – Das reine qualitative Verhalten der beiden Größenbestimmtheiten nach einem Potenzenverhältnis ist darin verschwunden, daß in der Selbständigkeit des Fürsichseins (materiellen Seins) die Unmittelbarkeit zurückgekehrt ist, an welcher die Größenbestimmtheit ein Quantum als solches und das Verhältnis eines solchen zu der anderen Seite ebenfalls in dem gewöhnlichen Exponenten eines direkten Verhältnisses bestimmt ist.[414]

Dieser Exponent ist das spezifische Quantum des Etwas, aber er ist unmittelbares Quantum, und dieses, damit die spezifische Natur von solchem Etwas, ist nur in der Vergleichung mit anderen Exponenten solcher Verhältnisse bestimmt. Er macht das spezifische Ansichbestimmtsein, das innere eigentümliche Maß von etwas aus; aber indem dieses sein Maß auf dem Quantum beruht, ist es auch nur als äußerliche, gleichgültige Bestimmtheit, und solches Etwas ist dadurch, der innerlichen Maßbestimmung ungeachtet, veränderlich. Das Andere, zu dem es als veränderlich sich verhalten kann, ist nicht eine Menge von Materie, ein Quantum überhaupt – hiergegen hält sein spezifisches Ansichbestimmtsein aus –, sondern ein Quantum, das zugleich ebenso Exponent solchen spezifischen Verhältnisses ist. Es sind zwei Dinge von verschiedenem inneren Maße, die in Beziehung stehen und in Verbindung treten – wie zwei Metalle von verschiedener spezifischer Schwere; welche Gleichartigkeit ihrer Natur – daß es z.B. nicht ein Metall ist, von dessen Verbindung mit Wasser die Rede wäre – sonst zur Möglichkeit solcher Verbindung erforderlich sei, gehört nicht hierher zu betrachten. – Einerseits erhält sich nun jedes der beiden Maße in der Veränderung, die an dasselbe durch die Äußerlichkeit des Quantums kommen sollte, weil es Maß ist, andererseits aber ist dieses Sicherhalten selbst ein negatives Verhalten zu diesem Quantum, eine Spezifikation desselben und, da dasselbe Exponent des Maßverhältnisses ist, eine Veränderung des Maßes selbst und zwar eine gegenseitige Spezifikation.

Nach der bloß quantitativen Bestimmung wäre die Verbindung ein bloßes Summieren der zwei Größen der einen und der zwei der anderen Qualität, z.B. die Summe der beiden Gewichte und der beiden Volumen bei der Verbindung zweier Materien von verschiedener spezifischer Schwere, so daß nicht nur das Gewicht des Gemisches gleich jener Summe bliebe, sondern auch der Raum, den dasselbe einnimmt, gleich der Summe jener Räume. Allein nur das Gewicht[415] findet sich als die Summe der Gewichte, die vor der Verbindung vorhanden waren; es summiert sich die Seite, welche als die fürsichseiende zum festen Dasein und damit von bleibendem unmittelbaren Quantum geworden ist, – das Gewicht der Materie oder, was für dasselbe nach der Rücksicht der quantitativen Bestimmtheit gilt, die Menge der materiellen Teile. Aber in die Exponenten fällt die Veränderung, indem sie der Ausdruck der qualitativen Bestimmtheit, des Fürsichseins als Maßverhältnisse sind, welches, indem das Quantum als solches die zufällige, äußerliche Veränderung durch Zusatz, der summiert wird, erleidet, zugleich sich als negierend gegen diese Äußerlichkeit erweist. Dieses immanente Bestimmen des Quantitativen, da es, wie gezeigt, nicht am Gewichte erscheinen kann, erweist sich an der anderen Qualität, welche die ideelle Seite des Verhältnisses ist. Für die sinnliche Wahrnehmung kann es auffallend sein, daß sich nach der Vermischung zweier spezifisch verschiedener Materien eine Veränderung – gewöhnlich eine Verminderung – des summierten Volumens zeigt; der Raum selbst macht das Bestehen der außereinanderseienden Materie aus. Aber dies Bestehen gegen die Negativität, welche das Fürsichsein in sich enthält, ist das nicht an sich Seiende, das Veränderliche; der Raum wird auf diese Weise als das, was er wahrhaft ist, als das Ideelle gesetzt.

Es ist aber hiermit nicht nur die eine der qualitativen Seiten als veränderlich gesetzt, sondern das Maß selbst und damit die darauf gegründete qualitative Bestimmtheit des Etwas hat sich so gezeigt, nicht an ihm selbst ein Festes zu sein, sondern, wie das Quantum überhaupt, seine Bestimmtheit in anderen Maßverhältnissen zu haben.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 414-416.
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