b. Das eine Eins der Attraktion

[193] Die Repulsion ist die Selbstzersplitterung des Eins zunächst in Viele, deren negatives Verhalten ohnmächtig ist, weil sie[193] einander als Seiende voraussetzen; sie ist nur das Sollen der Idealität; diese aber wird realisiert in der Attraktion. Die Repulsion geht in Attraktion über, die vielen Eins in ein Eins. Beide, Repulsion und Attraktion, sind zunächst unterschieden, jene als die Realität der Eins, diese als deren gesetzte Idealität. Die Attraktion bezieht sich auf diese Weise auf die Repulsion, daß sie diese zur Voraussetzung hat. Die Repulsion liefert die Materie für die Attraktion. Wenn keine Eins wären, so wäre nichts zu attrahieren; die Vorstellung fortdauernder Attraktion, der Konsumtion der Eins, setzt ein ebenso fortdauerndes Erzeugen der Eins voraus; die sinnliche Vorstellung der räumlichen Attraktion läßt den Strom der attrahiertwerdenden Eins fortdauern; an die Stelle der Atome, die in dem attrahierenden Punkte verschwinden, tritt eine andere Menge und, wenn man will, ins Unendliche aus dem Leeren hervor. Wenn die Attraktion vollführt, d. i. die Vielen auf den Punkt eines Eins gebracht vorgestellt würden, so wäre nur ein träges Eins, kein Attrahieren mehr vorhanden. Die in der Attraktion daseiende Idealität hat auch noch die Bestimmung der Negation ihrer selbst, die vielen Eins, auf die sie die Beziehung ist, an ihr, und die Attraktion ist untrennbar von der Repulsion.

Das Attrahieren kommt zunächst jedem der vielen als unmittelbar vorhandenen Eins auf gleiche Weise zu; keines hat einen Vorzug vor dem anderen; so wäre ein Gleichgewicht im Attrahieren, eigentlich ein Gleichgewicht der Attraktion und der Repulsion selbst vorhanden und eine träge Ruhe ohne daseiende Idealität. Aber es kann hier nicht von einem Vorzuge eines solchen Eins vor dem anderen, was einen bestimmten Unterschied zwischen ihnen voraussetzte, die Rede sein, vielmehr ist die Attraktion das Setzen der vorhandenen Ununterschiedenheit der Eins. Erst die Attraktion selbst ist das Setzen eines von den anderen unterschiedenen Eins; sie sind nur die unmittelbaren durch die Repulsion sich erhalten sollenden Eins; durch ihre gesetzte Negation aber geht das Eins der Attraktion hervor, das daher als das Vermittelte,[194] das als Eins gesetzte Eins, bestimmt ist. Die ersten als unmittelbare kehren in ihrer Idealität nicht in sich zurück, sondern haben dieselbe an einem anderen.

Das eine Eins aber ist die realisierte, an dem Eins gesetzte Idealität; es ist attrahierend durch die Vermittlung der Repulsion; es enthält diese Vermittlung in sich selbst als seine Bestimmung. Es verschlingt so die attrahierten Eins nicht in sich als in einen Punkt, d.h. es hebt sie nicht abstrakt auf. Indem es die Repulsion in seiner Bestimmung enthält, erhält diese die Eins als Viele zugleich in ihm; es bringt sozusagen durch sein Attrahieren etwas vor sich, gewinnt einen Umfang oder Erfüllung. Es ist so in ihm Einheit der Repulsion und Attraktion überhaupt.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 193-195.
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