Drittes Kapitel
Das quantitative Verhältnis

[372] Die Unendlichkeit des Quantums ist dahin bestimmt worden, daß sie das negative Jenseits desselben ist, das es aber an ihm selbst hat. Dies Jenseits ist das Qualitative überhaupt. Das unendliche Quantum ist als die Einheit beider Momente, der quantitativen und qualitativen Bestimmtheit, zunächst Verhältnis.

Im Verhältnisse hat das Quantum nicht mehr eine nur gleichgültige Bestimmtheit, sondern ist qualitativ bestimmt als schlechthin bezogen auf sein Jenseits. Es kontinuiert sich in sein Jenseits; dieses ist zunächst ein anderes Quantum überhaupt. Aber wesentlich sind sie nicht als äußerliche Quanta aufeinander bezogen, sondern jedes hat seine Bestimmtheit in dieser Beziehung auf das andere. Sie sind so in diesem ihrem Anderssein in sich zurückgekehrt; was jedes ist, ist es in dem Anderen; das Andere macht die Bestimmtheit eines jeden aus. – Das Hinausgehendes Quantums über sich hat also jetzt diesen Sinn, daß es sich weder nur in ein Anderes noch in sein abstraktes Anderes, in sein negatives Jenseits veränderte, sondern darin zu seiner Bestimmtheit gelangt ist; es findet sich selbst in seinem Jenseits, welches ein anderes Quantum ist. Die Qualität des Quantums, seine Begriffsbestimmtheit, ist seine Äußerlichkeit überhaupt, und im Verhältnis ist es nun so gesetzt, in seiner Äußerlichkeit, an einem anderen Quantum seine Bestimmtheit zu haben, in seinem Jenseits das zu sein, was es ist.[372]

Es sind Quanta, welche die Beziehung, die sich ergab, aufeinander haben. Diese Beziehung ist selbst auch eine Größe; das Quantum ist nicht nur im Verhältnis, sondern es selbst ist als Verhältnis gesetzt, es ist ein Quantum überhaupt, das jene qualitative Bestimmtheit innerhalb seiner hat. So als Verhältnis drückt es sich als in sich geschlossene Totalität und seine Gleichgültigkeit gegen die Grenze aus, dadurch daß es die Äußerlichkeit seines Bestimmtseins innerhalb seiner selbst hat und in ihr nur auf sich bezogen, somit an ihm selbst unendlich ist.

Das Verhältnis überhaupt ist

1. das direkte Verhältnis. In demselben tritt das Qualitative noch nicht als solches für sich heraus; es ist noch in keiner weiteren Weise als der des Quantums, daß dieses in seiner Äußerlichkeit selbst seine Bestimmtheit zu haben gesetzt ist. – Das quantitative Verhältnis ist an sich der Widerspruch der Äußerlichkeit und der Beziehung auf sich selbst, des Bestehens der Quantorum und der Negation derselben; – er hebt sich auf, indem zunächst

2. im indirekten Verhältnisse die Negation des einen Quantums als solche mit in der Veränderung des anderen und die Veränderlichkeit des direkten Verhältnisses selbst gesetzt wird;

3. im Potenzenverhältnis aber macht sich die in ihrem Unterschiede sich auf sich beziehende Einheit als einfache Selbstproduktion des Quantums geltend; dies Qualitative selbst endlich in einfacher Bestimmung, und identisch mit dem Quantum gesetzt, wird das Maß.

Über die Natur der folgenden Verhältnisse ist vieles in den vorhergehenden Anmerkungen, welche das Unendliche der Quantität, d. i. das qualitative Moment an derselben betreffen, antizipiert worden; es bleibt daher nur der abstrakte Begriff dieser Verhältnisse auseinanderzusetzen.[373]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 372-374.
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