a. Unterschied derselben

[250] 1. Das Quantum hat, wie sich vorhin ergeben, seine Bestimmtheit als Grenze in der Anzahl. Es ist ein in sich Diskretes, ein Vieles, das nicht ein Sein hat, welches verschieden wäre von seiner Grenze und sie außer ihm hätte. Das Quantum so mit seiner Grenze, die ein Vielfaches an ihr selbst ist, ist extensive Größe.

Die extensive Größe ist von der kontinuierlichen zu unterscheiden; jener steht direkt nicht die diskrete, sondern die intensive gegenüber. Extensive und intensive Größe sind Bestimmtheiten der quantitativen Grenze selbst, das Quantum aber ist identisch mit seiner Grenze; kontinuierliche und diskrete Größe sind dagegen Bestimmungen der Größe an sich, d. i. der Quantität als solcher, insofern beim Quantum von der Grenze abstrahiert wird. – Die extensive Größe hat das Moment der Kontinuität an ihr selbst und in ihrer Grenze, indem ihr Vieles überhaupt Kontinuierliches ist; die Grenze als Negation erscheint insofern an dieser Gleichheit der Vielen, als Begrenzung der Einheit. Die kontinuierliche Größe ist die sich fortsetzende Quantität ohne Rücksicht auf eine Grenze, und in sofern sie mit einer solchen vorgestellt wird, ist diese eine Begrenzung überhaupt, ohne daß die Diskretion an ihr gesetzt sei. Das Quantum nur als kontinuierliche Größe ist noch nicht wahrhaft für sich bestimmt, weil sie des Eins, worin das Für-sich-Bestimmtsein liegt, und der Zahl entbehrt. Ebenso ist die diskrete Größe unmittelbar nur unterschiedenes Vieles überhaupt, das, insofern es als solches eine Grenze haben sollte, nur eine Menge, d.h. ein unbestimmt Begrenztes wäre; daß es als bestimmtes Quantum sei, dazu gehört das Zusammenfassen der Vielen in Eins, wodurch sie mit der Grenze identisch gesetzt werden. Jede,[250] die kontinuierliche und diskrete Größe, als Quantum überhaupt hat nur eine der beiden Seiten an ihr gesetzt, wodurch es vollkommen bestimmt und als Zahl ist. Diese ist unmittelbar extensives Quantum, – die einfache Bestimmtheit, die wesentlich als Anzahl, jedoch als Anzahl einer und derselben Einheit ist; es ist von der Zahl nur dadurch unterschieden, daß ausdrücklich die Bestimmtheit als Vielheit in dieser gesetzt ist.

2. Die Bestimmtheit jedoch, wie groß etwas ist, durch die Zahl bedarf nicht des Unterschieds von etwas anderem Großem, so daß zur Bestimmtheit dieses Großen es selbst und ein anderes Großes gehörte, indem die Bestimmtheit der Größe überhaupt für sich bestimmte, gleichgültige, einfach auf sich bezogene Grenze ist; und in der Zahl ist sie gesetzt als eingeschlossen in das für sich seiende Eins und hat die Äußerlichkeit, die Beziehung-auf-Anderes innerhalb ihrer selbst. Dieses Viele der Grenze selbst ferner ist, wie das Viele überhaupt, nicht ein in sich Ungleiches, sondern ein Kontinuierliches; jedes der Vielen ist, was das andere ist; es als vieles Außereinanderseiendes oder Diskretes macht daher die Bestimmtheit als solche nicht aus. Dies Viele fällt also für sich selbst in seine Kontinuität zusammen und wird einfache Einheit. – Die Anzahl ist nur Moment der Zahl, aber macht nicht als eine Menge von numerischen Eins die Bestimmtheit der Zahl aus, sondern diese Eins als gleichgültige, sich äußerliche, sind im Zurückgekehrtsein der Zahl in sich aufgehoben; die Äußerlichkeit, welche die Eins der Vielheit ausmachte, verschwindet in dem Eins als Beziehung der Zahl auf sich selbst.

Die Grenze des Quantums, das als Extensives seine daseiende Bestimmtheit als die sich selbst äußerliche Anzahl hatte, geht also in einfache Bestimmtheit über. In dieser einfachen Bestimmung der Grenze ist es intensive Größe; und die Grenze oder Bestimmtheit, die mit dem Quantum identisch ist, ist nun auch so als Einfaches gesetzt, – der Grad.[251]

Der Grad ist also bestimmte Größe, Quantum, aber nicht zugleich Menge oder Mehreres innerhalb seiner selbst; er ist nur eine Mehrheit; die Mehrheit ist das Mehrere in die einfache Bestimmung zusammengenommen, das Dasein in das Fürsichsein zurückgegangen. Seine Bestimmtheit muß zwar durch eine Zahl ausgedrückt werden als das vollkommene Bestimmtsein des Quantums, aber ist nicht als Anzahl, sondern einfach, nur ein Grad. Wenn von 10, 20 Graden gesprochen wird, ist das Quantum, das so viele Grade hat, der zehnte, zwanzigste Grad, nicht die Anzahl und Summe derselben, – so wäre es ein Extensives; sondern es ist nur einer, der zehnte, zwanzigste Grad. Er enthält die Bestimmtheit, welche in der Anzahl zehn, zwanzig liegt, aber enthält sie nicht als Mehrere, sondern ist die Zahl als aufgehobene Anzahl, als einfache Bestimmtheit.

3. In der Zahl ist das Quantum in seiner vollständigen Bestimmtheit gesetzt; als intensives Quantum aber als in ihrem Fürsichsein ist es gesetzt, wie es seinem Begriffe nach oder an sich ist. Die Form nämlich der Beziehung auf sich, welche es im Grade hat, ist zugleich das Sich-Äußerlichsein desselben. Die Zahl ist als extensives Quantum numerische Vielheit und hat so die Äußerlichkeit innerhalb ihrer. Diese, als Vieles überhaupt, fällt in die Ununterschiedenheit zusammen und hebt sich auf in dem Eins der Zahl, ihrer Beziehung auf sich selbst. Das Quantum hat aber seine Bestimmtheit als Anzahl; es enthält, wie vorhin gezeigt worden, sie, ob sie gleich nicht mehr an ihm gesetzt ist. Der Grad also, der als in sich selbst einfach dies äußerliche Anderssein nicht mehr in ihm hat, hat es außer ihm und bezieht sich darauf als auf seine Bestimmtheit. Eine ihm äußerliche Vielheit macht die Bestimmtheit der einfachen Grenze, welche er für sich ist, aus. Daß die Anzahl, insofern sie sich innerhalb der Zahl im extensiven Quantum befinden sollte, sich darin aufhob, bestimmt sich somit dahin, daß sie außerhalb derselben gesetzt ist. Indem die Zahl als Eins, in sich reflektierte Beziehung auf sich selbst gesetzt ist, schließt sie die Gleichgültigkeit und[252] Äußerlichkeit der Anzahl aus sich aus und ist Beziehung auf sich als Beziehung durch sich selbst auf ein Äußerliches.

Hierin hat das Quantum die seinem Begriffe gemäße Realität. Die Gleichgültigkeit der Bestimmtheit macht seine Qualität aus, d. i. die Bestimmtheit, die an ihr selbst als die sich äußerliche Bestimmtheit ist. – Sonach ist der Grad einfache Größenbestimmtheit unter einer Mehrheit solcher Intensitäten, die verschieden, jede nur einfache Beziehung auf sich selbst, zugleich aber in wesentlicher Beziehung aufeinander sind, so daß jede in dieser Kontinuität mit den anderen ihre Bestimmtheit hat. Diese Beziehung des Grades durch sich selbst auf sein Anderes macht das Auf- und Absteigen an der Skala der Grade zu einem stetigen Fortgang, einem Fließen, das eine ununterbrochene, unteilbare Veränderung ist; jedes der Mehreren, die darin unterschieden werden, ist nicht getrennt von den anderen, sondern hat sein Bestimmtsein nur in diesen. Als sich auf sich beziehende Großenbestimmung ist jeder der Grade gleichgültig gegen die anderen; aber er ist ebensosehr an sich auf diese Äußerlichkeit bezogen, er ist nur vermittels derselben, was er ist; seine Beziehung auf sich ist in einem die nicht gleichgültige Beziehung auf das Äußerliche, hat in dieser seine Qualität.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 250-253.
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