1. Der absolute Unterschied

[46] Der Unterschied ist die Negativität, welche die Reflexion in sich hat, das Nichts, das durch das identische Sprechen gesagt wird, das wesentliche Moment der Identität selbst, die zugleich als Negativität ihrer selbst sich bestimmt und unterschieden vom Unterschied ist.

1. Dieser Unterschied ist der Unterschied an und für sich, der absolute Unterschied, der Unterschied des Wesens. – Er ist der Unterschied an und für sich, nicht Unterschied durch eine Äußerliches, sondern sich auf sich beziehender, also einfacher Unterschied. – Es ist wesentlich, den absoluten Unterschied als einfachen zu fassen. Im absoluten Unterschiede des A und Nicht-A voneinander ist es das einfache Nicht, was als solches denselben ausmacht. Der Unterschied selbst ist einfacher Begriff. Darin, drückt man sich aus, sind zwei Dinge unterschieden, daß sie usw. – Darin, d.h. in einer und derselben Rücksicht, in demselben Bestimmungsgrunde. Er ist der Unterschied der Reflexion, nicht das Anderssein des Daseins. Ein Dasein und ein anderes Dasein sind gesetzt als außereinanderfallend; jedes der gegeneinander bestimmten Dasein[e] hat ein unmittelbares Sein für sich. Das Andere des Wesens dagegen ist das Andere an und für sich, nicht das Andere als eines anderen außer ihm Befindlichen, die einfache Bestimmtheit an sich. Auch in der Sphäre des Daseins erwies sich das Anderssein und die Bestimmtheit von dieser Natur, einfache Bestimmtheit, identischer Gegensatz zu sein; aber diese Identität zeigte sich nur als das Übergehen einer Bestimmtheit in die andere. Hier in der Sphäre der Reflexion tritt der Unterschied als reflektierter auf, der so gesetzt ist, wie er an sich ist.

2. Der Unterschied an sich ist der sich auf sich beziehende Unterschied; so ist er die Negativität seiner selbst, der Unterschied nicht von einem Anderen, sondern seiner von[46] sich selbst, er ist nicht er selbst, sondern sein Anderes. Das Unterschiedene aber vom Unterschiede ist die Identität. Er ist also er selbst und die Identität. Beide zusammen machen den Unterschied aus; er ist das Ganze und sein Moment. – Es kann ebenso gesagt werden, der Unterschied als einfacher ist kein Unterschied; er ist dies erst in Beziehung auf die Identität; aber vielmehr enthält er als Unterschied ebenso sie und diese Beziehung selbst. – Der Unterschied ist das Ganze und sein eigenes Moment, wie die Identität ebensosehr ihr Ganzes und ihr Moment ist. – Dies ist als die wesentliche Natur der Reflexion und als bestimmter Urgrund aller Tätigkeit und Selbstbewegung zu betrachten. – [Der] Unterschied wie die Identität machen sich zum Momente oder zum Gesetztsein, weil sie als Reflexion die negative Beziehung auf sich selbst sind.

Der Unterschied, so als Einheit seiner und der Identität, ist an sich selbstbestimmter Unterschied. Er ist nicht Übergehen in ein Anderes, nicht Beziehung auf Anderes außer ihm; er hat sein Anderes, die Identität, an ihm selbst, so wie diese, indem sie in die Bestimmung des Unterschieds getreten, nicht in ihn als ihr Anderes sich verloren hat, sondern in ihm sich erhält, seine Reflexion-in-sich und sein Moment ist.

3. Der Unterschied hat die beiden Momente, Identität und Unterschied; beide sind so ein Gesetztsein, Bestimmtheit. Aber in diesem Gesetztsein ist jedes Beziehung auf sich selbst. Das eine, die Identität, ist unmittelbar selbst das Moment der Reflexion-in-sich; ebenso ist aber das andere der Unterschied, Unterschied an sich, der reflektierte Unterschied. Der Unterschied, indem er zwei solche Momente hat, die selbst die Reflexionen-in-sich sind, ist Verschiedenheit.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 46-47.
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