Siebenter Einwand

[173] »Es bleibt noch zu untersuchen, auf welche Weise ich die Idee Gottes erhalten habe. Ich habe sie nämlich nicht aus den Sinnen geschöpft, sie hat sich mir auch niemals aufgedrängt, wie das der Fall bei den Vorstellungen der Sinnendinge zu sein pflegt, wenn die Außendinge den Sinnesorganen sich darbieten oder sich darzubieten scheinen. Endlich ist sie auch nicht von mir geschaffen worden, da ich ihr nichts nehmen, ihr nichts hinzufügen kann. So bleibt nur übrig, daß sie mir eingeboren sei, wie mir auch die Idee meiner selbst eingeboren ist.«

Es ist nicht bewiesen, daß die Idee Gottes mir überhaupt gegeben ist; ist sie aber nicht gegeben, wie es zu sein scheint, dann ist diese ganze Erörterung gegenstandslos. Überdies entsteht mir die Idee meiner selbst aus dem Gesichtssinn, indem der eigene Körper angeschaut wird; von einer Seele gibt es überhaupt keine Idee, sondern wir schließen auf etwas, das dem menschlichen Körper einwohnt und ihm die Lebensbewegung gibt, vermittelst derer er empfindet und sich bewegt; und dies, was es auch sei, nennen wir Seele, ohne eine Idee davon zu haben.


Erwiderung

Wenn eine Idee von Gott gegeben ist – und es ist offenbar, daß es eine gibt –, so ist dieser ganze Einwand gegenstandslos. Wird hinzugefügt, daß eine Idee der Seele nicht gegeben sei, sondern durch Vernunft erschlossen werde, so besagt dies nur, daß von ihr uns kein sinnlich anschauliches[173] Bild gegeben sei; aber gegeben ist doch das, was ich Idee genannt habe.

Quelle:
Thomas Hobbes: Grundzüge der Philosophie. Erster Teil: Lehre vom Körper. Leipzig 1949, S. 173-174.
Lizenz: