Letzter Einwand

[183] »Ich bemerke nämlich jetzt, daß zwischen beiden« (nämlich zwischen Wachen und Träumen) »der sehr große Unterschied besteht, daß niemals meine Träume sich mit übrigen Handlungen des Lebens durch das Gedächtnis verbinden.«

Ich frage, ob es denn sicher ist, daß ein Träumender, der im Traume zweifelt, ob er träumt oder nicht, nicht auch träumen kann, daß sein Traum mit Vorstellungen von langen Reihen vergangener Tatsachen zusammenhänge. Vermag er dies, dann dürfte von ihm auch das, was ihm im Traum als Handlung eines früheren Lebens erscheint, nicht weniger als im Wachzustand für wahr gehalten werden. Da außerdem, wie Descartes behauptet, alle Sicherheit und Wahrheit des Wissens allein von der Erkenntnis des wahren Gottes abhängt, so kann entweder ein Atheist aus der Erinnerung seines früheren Lebens nicht schließen, daß er wacht, oder aber man kann auch ohne die Erkenntnis des wahren Gottes wissen, daß man wacht.


Erwiderung

Wer träumt, kann unmöglich, was er träumt, mit Vorstellungen vergangener Tatsachen wahrhaft verbinden, selbst wenn er träumt, es zu tun; wer leugnet denn, daß man im Schlaf sich irren kann? Erwacht man nachher, so erkennt man mit Leichtigkeit seinen Irrtum.

Ein Atheist vermag sehr wohl aus der Erinnerung an sein früheres Leben schließen, daß er wacht; er kann aber nicht wissen, ob dieser Beweis ihm die hinreichende Sicherheit dafür gibt, daß er hierbei nicht doch irre, wenn er nicht weiß, daß er von Gott geschaffen ist, der nicht trügt.[183]

Quelle:
Thomas Hobbes: Grundzüge der Philosophie. Zweiter und dritter Teil: Lehre vom Menschen und Bürger. Leipzig 1918.
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