Erster Abschnitt.

[337] 1. Die Erde hat Farbe, Geschmack, Geruch, und Tastbarkeit.

[337] 2. Das Wasser hat Farbe, Geschmack, Tastbarkeit, Flüssigkeit und Zähigkeit.

[338] 3. Das Licht hat Farbe und Tastbarkeit.

[339] 4. Die Luft hat Tastbarkeit.

[340] 5. Diese (genannten Eigenschaften) sind nicht im Aether.

6. Die Flüssigkeit, welche zerlassene Butter, Lack und Wachs durch ihre Verbindung mit Feuer zeigen, ist denselben mit dem Wasser gemein.

7. Die Flüssigkeit, welche Zinn, Blei, Eisen, Silber, Gold durch ihre Verbindung mit Feuer zeigen, ist denselben mit dem Wasser gemein.

[341] 8. Es hat Hörner, einen Höcker, einen am Ende behaarten Schwanz (solche Merkmale) sind mit Rücksicht auf die Gattung »Rind« allgemein aufgefasste Beweisgründe.

9. So ist auch die Tastbarkeit (ein allgemein aufgefasster Beweisgrund) der Luft.

[342] 10. Und die Tastbarkeit gehört nicht sichtbaren (Substanzen) an; deshalb ist die Luft ein solches, dessen Beweisgrund ein Unsichtbares ist.

[343] 11. Weil (die Luft) nicht unter den Begriff fällt, einer Substanz zu inhäriren, ist sie eine Substanz.

12. Auch von (ihrem) Haben von Bewegungen und Eigenschaften (folgt das Dasein der Luft als Substanz).

[344] 13. Weil (die Luft) nicht unter den Begriff fällt, einer Substanz zu inhäriren, ist die dauernde Existenz (derselben) ausgesprochen.

14. Das Zusammenstossen der Luft ist ein Beweisgrund für die Verschiedenheit derselben.

15. Weil bei der Erkenntniss der Luft Wahrnehmung nicht Statt findet, so giebt es keinen sichtbaren Beweisgrund.

[345] 16. Und weil die Luft durch einen allgemein aufgefassten Schluss (gefolgert ist), ist sie nicht ein Besonderes.

17. Deshalb (ist die Luft) etwas durch den Veda Gegebenes.

18. Name, Wirkung sind jedoch der Beweisgrund derer, welche durch (das Wort) »dies« bestimmt sind.

19. Dies folgt daraus, dass Name (und) Wirkung als hervorgebracht wahrgenommen werden.

[346] 20. Herauskommen, Hereinkommen, dies ist der Beweisgrund für den Aether.

2l. Dies ist kein Beweisgrund, weil Bewegung (nur) Einer Substanz angehört.

22. Auch weil (der Aether) entgegengesetzt ist dem Kennzeichen der anderen (Art von) Ursache (kann der Aether nicht die nicht-inhärente Ursache der Bewegung sein).

[347] 23. Durch Verbindung findet die Nicht-Existenz der Bewegung Statt.

24. Die Eigenschaft der Wirkung wird zuvor in der Eigenschaft der Ursache wahrgenommen.

25. Der Ton ist nicht eine Eigenschaft der tastbaren (Substanzen), weil eine andere (frühere) Wirkung nicht erscheint.

[348] 26. (Der Ton) ist nicht eine Eigenschaft der Seele, auch nicht des innern Sinns, weil er einem Andern inhärirt, und weil er unter den Begriff der Wahrnehmung fällt.

27. Weil er verschieden ist (von den übrigen Substanzen), ist der Ton ein Beweisgrund des Aethers.

28. Die Begriffe der Substanz und der dauernden Existenz (des Aethers) sind mit der Luft erklärt.

29. Die individuelle Einheit (des Aethers ist) mit dem Sein (erklärt).

30. (Die individuelle Einheit des Aetheis folgt) daraus, dass keine Besonderheit des Tones als ein Beweisgrund, so wie daraus, dass kein besonderer Beweisgrund Statt findet.

[349] 31. Aus demselben Grunde (der Einheit folgt) auch die individuelle Gesondertheit (des Aethers).

Quelle:
Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇâda. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 21, Leipzig 1867, S. 309–420, S. 337-350.
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